Migration

Klimafinanzierung und Klimamobilität auf der COP29

Klimarisiken führen zur Vertreibung von Menschen und verursachen erhebliche wirtschaftliche und nicht-wirtschaftliche Verluste. Die COP29 in Baku bietet eine wichtige Gelegenheit, ein gerechteres globales Finanzziel festzulegen. Erfahren Sie mehr über unsere Rolle und die unserer Partner. 

Text
Jassin Irscheid
Bilder
Shutterstock.com/Rustamli Photos
Datum
25. Oktober 2024
Lesezeit
6 Min.

Überschwemmungen in Pakistan 2022, anhaltende Dürre am Horn von Afrika, Inselstaaten, die von steigenden Meeresspiegel bedroht werden: Die Auswirkungen des Klimawandels im globalen Süden sind überdeutlich. Aber auch der globale Norden ist damit zunehmend konfrontiert – allein in diesem Jahr mit tödlichen Überschwemmungen in Mitteleuropa, dem Hurrikan Milton in Florida und den rekordverdächtigen Waldbränden in Kanada. 

Prognosen zufolge werden Überschwemmungen, Dürren, Hitzewellen und andere klimabedingte Gefahren immer intensiver, halten länger an und treten häufiger auf. Klimabedingte Migration ist bereits eine der Hauptfolgen, wobei allein im Jahr 2023 über 20 Millionen Menschen durch wetterbedingte Katastrophen vertrieben wurden. Ohne eine erhebliche Reduzierung der Emissionen schätzt die Weltbank, dass bis 2050 bis zu 216 Millionen Menschen gezwungen sein könnten, innerhalb ihres eigenen Landes zu migrieren.  

"Wir müssen gerechte Finanzierungsmechanismen schaffen, die Gemeinschaften in die Lage versetzen, die Auswirkungen der Klimakrise zu minimieren und die Widerstandsfähigkeit für die Zukunft zu stärken.“

Zitat vonDr. Raphaela Schweiger, Teamleitung Migration & Einwanderungsgesellschaft bei der Robert Bosch Stiftung

Warum ist die COP29 so wichtig?

Die bevorstehende COP29 in Baku wird die globale Debatte über den Klimawandel mit einem Schwerpunkt auf Klimafinanzierung fortsetzen. Die Diskussionen über Klimafolgenanpassung und Finanzierung von Schäden und Verlusten sind dabei entscheidend für den zukünftigen Umgang mit klimabedingter Migration. Zwar wird Migration mittlerweile verstärkt als eine Anpassungsstrategie, aber auch als eine Form von Verlust betrachtet. Jedoch müssen auch diejenigen in der Debatte berücksichtigt werden, die nicht migrieren können. Finanzierungsmechanismen müssen daher das gesamte Spektrum klimabedingter menschlicher (Im)Mobilität abdecken - einschließlich freiwilliger und unfreiwilliger Mobilität. 

Auf der vorangegangenen COP in Dubai wurden Fortschritte bei der Klimafinanzierung erzielt, darunter die Einrichtung des Loss and Damage Fund (LDF), dessen Finanzierungsvereinbarungen die Unterstützung einer „gerechten, sicheren und menschenwürdigen Mobilität in Form von Vertreibung, Umsiedlung und Migration bei vorübergehenden und dauerhaften Verlusten und Schäden“ vorsehen. Der LDF ist jedoch nicht ausreichend finanziert und die Herausforderung, sicherzustellen, dass die Klimafinanzierung die lokale Ebene erreicht, ist nach wie vor ungelöst.  

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Hintergründe der Verhandlungen

Die aktuellen Klimafinanzierungsvereinbarungen aus den Jahren 2009 und 2015 zielen darauf ab, bis 2025 jährlich 100 Milliarden US-Dollar für Klimaschutz und Anpassung in Entwicklungsländern zu mobilisieren. Die COP29 wird ein neues Klimafinanzierungsziel, das New Collective Quantified Goal (NCQG), festlegen, das über die 100 Milliarden US-Dollar hinausgeht und mehr auf die Bedürfnisse der Entwicklungsländer eingehen soll. So könnte die COP29 das Verhältnis zwischen der Finanzierung von Schäden und Verlusten und der Finanzierung von Anpassung und Minderung neu definieren; ebenso wie die Höhe der als notwendig erachteten Finanzierung, und die Reglungen dazu, wer Beiträge leistet, wer sie erhält, was finanziert wird, wie die Finanzierung erfolgt und welche Rolle der Privatsektor spielt. 

Hohe Erwartungen und bisherige Misserfolge bei der Klimafinanzierung

Die Verhandlungen über ein neues Klimafinanzierungsziel sind mit hohen Erwartungen und einer Reihe verfehlter Ziele verbunden, darunter das 100-Milliarden-Dollar-Ziel, das bis 2022 nicht erreicht wurde. Zuletzt hat Oxfam sogar die Genauigkeit der gemeldeten Zahlen in Frage gestellt. Dennoch bietet der NCQG die erste Chance seit einem Jahrzehnt, ein globales Finanzierungsziel festzulegen, das den Bedürfnissen des globalen Südens gerecht wird. Trotz einiger Fortschritte bleiben jedoch Bedenken hinsichtlich der schleppenden Diskussionen und der Einbeziehung des Loss and Damage Fund (LDF). 

Um sicherzustellen, dass die Klimafinanzierung wirksam ist, müssen Qualitätsstandards festgelegt werden, die Menschenrechte, Geschlechtergleichstellung, Zugänglichkeit, Transparenz, Berücksichtigung marginalisierter Gruppen, Bezahlbarkeit und Vermeidung von Verschuldung gewährleisten. Schwache oder fehlende Standards unterstreichen die Notwendigkeit, die Akteure zu stärken, die diese Prinzipien überwachen und verteidigen, und gleichzeitig gute Praxismodelle für ihre Umsetzung bereitzustellen. Laut Weltbank besteht eine der größten Herausforderungen darin, mehr Ressourcen an schutzbedürftige Gemeinschaften statt an Bürokratien zu leiten. 

„Wir können nicht von einer gerechten Zukunft träumen, ohne uns an die Seite der Gemeinschaften zu stellen, die heute darum kämpfen, ihre Häuser, ihre Lebensgrundlagen und ihr Erbe zu schützen.“

Zitat vonKamal Amakrane, Geschäftsführer des Global Centre for Climate Mobility

Die Loss and Damage Collaboration betont, wie wichtig es sei, die „gelebte Erfahrung, Handlungsfähigkeit, das Wissen, die Fähigkeiten und die Expertise“ von Vertriebenen anzuerkennen und zu fördern, um Lösungen zu finden, die ihren Bedürfnissen wirklich gerecht werden. Neben der Lösung von Repräsentationsproblemen in Entscheidungsgremien wie Fondssekretariaten und Beiräten ist die Zusammenarbeit mit betroffenen Gemeinschaften unerlässlich für fundierte und zielgerichtete lokale Lösungen, wie das Internal Displacement Monitoring Centre (IDMC) und die Refugees International betonen.  

Welche Rolle spielt die Robert Bosch Stiftung?

Die bestehende Klimafinanzarchitektur ist noch nicht zweckmäßig und muss weiterentwickelt werden, um schneller und lokaler zu handel und den am stärksten von der Klimakrise betroffenen Gemeinden höhere Priorität einzuräumen. Mit unseren Partner:innen erproben und fördern wir neue Ideen und Ansätze, um einen schnellen und gerechten Zugang zu Klimafinanzierung zu gewährleisten und betroffene Gemeinden in die Entscheidungsfindung einzubeziehen.

Mayors Migration Council (MMC)

Durch eine Anschubfinanzierung für den Global Cities Fund (GCF) for Inclusive Climate Action, der vom Mayors Migration Council (MMC) ins Leben gerufen wurde, unterstützen wir betroffene Städte beim Zugang zu Ressourcen und bei der Umsetzung wirksamer Lösungen. So hat der GCF beispielsweise in Beira, Mosambik, die würdige, freiwillige Umsiedlung von Haushalten aus Praia Nova unterstützt, einem informellen Stadtteil mit über 100.000 Menschen, die einem hohen Risiko durch die Auswirkungen des Klimawandels ausgesetzt sind. 

Über die GCF hinaus fördern wir die Bürgermeisterdiplomatie auf internationaler Ebene, einschließlich der Klimakonferenzen, durch die Global Mayors Task Force on Climate and Migration der MMC und C40 Cities. Diese Task Force bringt Bürgermeister aus verschiedenen städtischen Kontexten zusammen, um die Herausforderungen der klimabedingten Migration und Vertreibung anzugehen. 

Global Centre for Climate Mobility (GCCM)

Die „Communities Climate Adaptation Facility (CCAF)“, die vom Global Centre for Climate Mobility (GCCM) während der UN High-Level Week 2024 vorgestellt wurde, zielt darauf ab, von der Klimakrise betroffene Gemeinschaften schnell mit Finanzmitteln zu unterstützen und das Problem, dass die globale Klimafinanzierung zu selten die lokale Ebene erreicht, auf effektive und zeitnahe Weise anzugehen.

Die GCCM wird auf der COP29 mit ihrem Climate Mobility Pavilion vertreten sein, einem wichtigen Treffpunkt für politische Entscheidungsträger:innen, Expert:innen, zivilgesellschaftliche Gruppen und betroffene Gemeinschaften, um über die erforderlichen Unterstützungsmaßnahmen zu diskutieren. 

Climate Justice and Resilience Fund (CJRF)

Der Climate Justice and Resilience Fund (CJRF) ist ein Beispiel dafür, wie Partizipation von betroffenen Gemeinschaften in Entscheidungsgremien sowohl bei der Förderung von Klimaresilienz als auch von Lösungen für den Umgang mit Schäden und Verlusten aussehen kann. Der CJRF überträgt die Entscheidungsmacht in der Fördermittelvergabe auf betroffene Gemeinschaften zu Themen wie Klimagerechtigkeit, Schäden und Verluste sowie Resilienz, und stellt damit traditionelle Machtstrukturen in der Philanthropie infrage.

Last Mile Climate (LMC)

Unser Partner Last Mile Climate (LMC) bringt von Geflüchteten geleitete Initiativen und humanitäre Organisationen mit dem Privatsektor zusammen, um die Anpassungsfinanzierung für Haushalte, die von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind, zu erhöhen. LMC wird auch einen Online-Bereich, The Pavilion for People, bereitstellen, um denjenigen, die nicht physisch an der COP29 teilnehmen können, Vernetzung und Beratung zu ermöglichen. 

Die bevorstehende COP bietet eine wichtige Gelegenheit, die Ergebnisse dieser Partnerschaften in die internationalen Diskussionen über Klimafinanzierung einzubringen. Außerdem bietet sie eine Möglichkeit, die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren zu fördern und für prinzipiengeleitete, schnelle und wirksame Klimamaßnahmen einzutreten, die von den Gemeinschaften getragen werden und auf die Bedürfnisse der betroffener Gemeinschaften eingehen. 

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