Es ist eine Frage, die derzeit viele Menschen umtreibt: Wie gelingt es der Politik, Migration besser zu gestalten? In der ersten Ausgabe unserer neuen Publikationsreihe „Policy Briefing“ geben die Expert:innen Jessica Bither und Hannes Einsporn Anregungen für Grundpfeiler einer menschenwürdigen und nachhaltigen Migrationspolitik.
Noch nie waren so viele Menschen auf der Flucht wie heute – und die Wege, die sie nehmen, um Krieg oder Verfolgung zu entkommen werden gefährlicher. Auch Menschen, die ihre Heimat in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft verlassen, nutzen diese so genannten Migrationsrouten. Asylsysteme und bestehende Aufnahmekapazitäten sind belastet. Gleichzeitig fehlen in vielen Ländern Arbeitskräfte.
In ihrer aktuellen Publikation „Warum Abschreckung keine Lösung ist – Grundpfeiler einer besseren Migrationspolitik“ zeigen Jessica Bither und Hannes Einsporn, beide Expert:innen im Team Migration der Robert Bosch Stiftung, wie es gelingen kann, mit einer Kombination verschiedener politischer Maßnahmen schneller und flexibler auf die wachsenden Herausforderungen in der Migrationspolitik zu reagieren. Es ist die erste Ausgabe des „Policy Briefing“, einer neuen Publikationsreihe der Stiftung. Die Autor:innen argumentieren, dass restriktive Maßnahmen allein nicht zu mehr „Kontrolle“ in der Migrationspolitik führen – im Gegenteil.
Sie bemängeln außerdem, dass politische Debatten sowie staatlich Maßnahmen in vielen Ländern von einer grob vereinfachten Sicht auf Migration geprägt sind. De facto bedeute das häufig Abschreckung – beispielsweise indem Migrant:innen entlang von Migrationsrouten abgefangen oder quasi inhaftiert werden. Stark auf Abschreckung zu setzen, kann jedoch sogar kontraproduktiv sein: Mehr abgelehnte Asylgesuche oder Visaanträge können potenziell auch zu einem Anstieg der irregulären Migration führen, weil Menschen sich andere Zugangswege suchen, schreiben Jessica Bither und Hannes Einsporn.
„Die zentrale Frage ist, wie Regierungen und politische Entscheidungsträger:innen die Komplexität und Ungewissheit bei der Steuerung von Migration besser berücksichtigen können, anstatt vorrangig auf Maßnahmen zu setzen, die eine Illusion von Kontrolle vermitteln.“
Das Autorenduo empfiehlt in seinem Papier, in der Migrationspolitik stärker auf verschiedene und vor allem flexibel einsetzbare politische Maßnahmen zu setzen und stellt Praxisbeispiele aus verschiedenen Regionen der Welt vor. Die Beispiele zeigen, wie Migration nachhaltiger und rechtmäßig gestaltet werden könnte. Die vorherrschende Migrationspolitik greift vielfach zu kurz, um den aktuellen, aber vor allem auch den zukünftigen Herausforderungen von Migration gerecht zu werden.
„Politische Entscheidungsträger:innen sollten die globalen Realitäten – Klimawandel, geopolitische Machtverschiebungen oder technologischer Wandel – und ihre Auswirkungen auf Migration ernst nehmen und bei ihren Entscheidungen berücksichtigen. Migration wird nicht verschwinden. Ihre Komplexität aber wird weiter zunehmen.“
In vielen Staaten liegt ein Hauptaugenmerk der Migrationspolitik derzeit auf Maßnahmen der Abschreckung – beispielsweise Pushbacks von Migrant:innen und Anstrengungen, Asylverfahren auszulagern. Dies befeuere einen globalen Unterbietungswettbewerb, so die Autor:innen.
Dagegen könne eine Migrationspolitik, die stärker auf flexible Instrumente, das Zusammenspiel verschiedener Maßnahmen und Wahlmöglichkeiten für Migrant:innen setzt, die Handlungsfähigkeit von Regierungen stärken, schreiben Jessica Bither und Hannes Einsporn. Das steigere auch langfristig das Vertrauen der Menschen in die Politik.