Die Auswirkungen der Klimakrise betreffen alle Länder auf allen Kontinenten. Die internationale Gemeinschaft muss sich damit beschäftigen, wie in einer Zeit multipler Krisen und politischer Umbrüche darauf regiert werden kann. Ein Beitrag von Ottilie Bälz, Bereichsleiterin Globale Fragen der Robert Bosch Stiftung.
Bereits heute führt der Klimawandel vielerorts dazu, dass Menschen migrieren müssen. Diese Entwicklung wird in den kommenden Jahren dramatisch zunehmen. Bis 2050 könnten 216 Millionen Menschen gezwungen sein, ihre Heimat zu verlassen – sei es wegen Katastrophen wie Überschwemmungen, wegen langsam eintretender Umweltveränderungen wie dem Anstiegs des Meeresspiegels oder sinkender Ernteerträge aufgrund von Dürren oder Überflutungen.
Die internationale Gemeinschaft ist auf diese Entwicklungen kaum vorbereitet. International beherrscht ein Diskurs der Abschreckung die Migrationspolitik. Dies gefährdet jedoch die Rechte und die Würde derjenigen, die zur Migration gezwungen sind und sein werden, und verhindert, dass Klimamigration gut gestaltet werden kann – für die Betroffenen und die Aufnahmegesellschaften.
Im Kontext der UN Ocean Conference und der June Climate Meetings (SB62) in Bonn veranstaltet die Robert Bosch Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Global Centre for Climate Mobility (GCCM) vom 16.-17. Juni 2025 das erste Berlin Climate Mobility Forum. Ziel des Forums ist die praxisnahe Zusammenarbeit über verschiedene Sektoren hinweg. So sollen gemeinsame Strategien im Umgang mit den Folgen der Klimakrise erarbeitet und Chancen von multisektoralen Partnerschaften und Finanzierungsmöglichkeiten für bedarfsgerechte Lösungen genutzt werden.
Bereits 2018 haben die Vereinten Nationen den Globalen Pakt für Migration geschlossen – das erste Abkommen, in dem sich Staaten verpflichten, durch bessere internationale Zusammenarbeit eine sichere, geordnete und reguläre Migration zu gewährleisten. 2024 ist ein Abkommen zwischen Tuvalu und Australien in Kraft getreten, in dem sich Australien verpflichtet, pro Jahr 280 Einwohner von Tuvalu mit einem Sondervisum aufzunehmen. Im selben Jahr rückten die Herausforderungen der steigenden Meeresspiegel offiziell auf die Agenda der Vereinten Nationen. Für 2026 ist eine neue Deklaration der UN-Generalversammlung zum Thema geplant, die die Bedürfnisse der Betroffenen in kleinen Inselentwicklungsländern und niedrig gelegenen Staaten in den Mittelpunkt stellen soll.
Aktuell bleibt die überwiegende Mehrheit in ihren Heimatländern - meist ziehen diese Menschen in bereits dicht besiedelte Städte in der Umgebung, für die der Klimawandel ebenfalls eine Herausforderung darstellt. Für die internationale Gemeinschaft bedeutet das, dass sie Betroffene stärker direkt technisch und finanziell unterstützen muss. Ein Beispiel hierfür ist der Global Cities Fund for Inclusive Climate Action (GCF), der vom Mayors Migration Council und dem Städteverbund C40 Cities Climate Leadership Group geleitet wird. Der GCF unterstützt Städte dabei, ihre Projekte zu inklusiven Lösungen umzusetzen und sich auf internationaler Ebene zu vernetzen. Bürgermeisterliche Diplomatie liefert hierbei den Rahmen, in dem sich Vertreter:innen betroffener Städte zu gelungenen Strategien der urbanen Anpassungen an Klimaveränderungen sowie damit einhergehender Migration austauschen.
“Wir müssen anerkennen, dass Migration eine geeignete Anpassungsstrategie an den Klimawandel sein kann, wenn die Betroffenen selbstbestimmt handeln können. Die internationale Politik muss Menschen unterstützen, die eine gefährdete Region verlassen möchten, auch über Grenzen hinweg.“
Die rechtlichen Normen und Zusammenarbeit auf internationaler Ebene sind nicht ausreichend, um Menschen Schutz zu bieten, deren Herkunftsländer auf Grund des Klimawandels unbewohnbar geworden sind – temporär oder für immer. Ihnen muss Zugang zu anderen Staaten gewährt werden, in denen sie auf Hilfe zählen können. Dies sollte sicher, geordnet und regulär über legale Zugangswege zu Schutz geschehen.
Wo Veränderungen durch den Klimawandel schleichend passieren, kann regionale Mobilität betroffenen Personen Anpassung ermöglichen, wie beispielsweise die Freizügigkeitszone ECOWAS in Westafrika. Möglichkeiten der Erwerbsmigration für besonders vom Klimawandel betroffene Bevölkerungen außerhalb ihrer unmittelbaren Nachbarländer sind ein weiterer Weg. Durch die gezielte Förderung von Ausbildung und verbesserten Rahmenbedingungen für Erwerbsmigration aus „Klima-Hotspots“ könnten Industrieländer damit sowohl dem Fachkräftemangel als auch Klimamigration besser begegnen. Sogenannte Ausbildungspartnerschaften sorgen dafür, dass qualifizierte Arbeitskräfte und ihre Familien bessere Perspektiven vor Ort oder in einem anderen Land finden.
Um vom Klimawandel Betroffenen zu helfen, ist internationale Klimafinanzierung in ausreichender Größenordnung erforderlich. Klimafolgen führen bereits jetzt zu Verlusten von jährlich 38 Billionen US-Dollar und bis 2050 ist ein weltweiter Einkommensrückgang von 19% zu erwarten. Der geplante Start des Fonds zur Bewältigung von Verlusten und Schäden (FRLD) ist ein Meilenstein in der internationalen Klimafinanzierung. Er verfügt über das Mandat „gerechte, sichere und menschenwürdige Mobilität in Form von Vertreibung, Umsiedlung und Migration” zu unterstützen. Zwischen 2025 und 2026 soll er seine Arbeit aufnehmen, ist jedoch mit Gesamtzusagen in Höhe von 765 Mio. US-Dollar stark unterfinanziert.
Im Bereich der Anpassung bleiben die Mittel weit hinter den Bedarfen und Zusagen zurück. Es ist entscheidend, dass finanzielle Unterstützung schnell und unbürokratisch den Betroffenen zugutekommt. Ihre Bedürfnisse und Expertisen müssen in den internationalen Verhandlungen stärker berücksichtigt werden. Aus diesem Grund unterstützen wir als Robert Bosch Stiftung die Climate Communities Adaptation Facility (C-CAF), einen Fonds, der schnelle, community-geleitete und unbürokratische Unterstützungsmaßnahmen ermöglicht.
Darüber hinaus ist es notwendig, dass die internationale Gemeinschaft die verschiedenen Akteure auf globaler Ebene besser koordiniert und eine nachhaltige Struktur schafft, die auch in Zeiten, in denen internationale Kooperation zunehmend infrage gestellt wird, effektiv agieren kann. Die Aufmerksamkeit auf den Weltklimakonferenzen für das Thema Klimamigration hat von 2022 bis 2024 deutlich zugenommen. Dieses positive Momentum gilt es weiterhin für die anstehende UNFCCC COP30 in Brasilien zu nutzen, auch angesichts multipler Krisen und politischer Umbrüche.