Am Hochrhein haben Bürger:innen erstmals aktiv an einem Raumkonzept mitgewirkt – und gezeigt, wie lokale Perspektiven die Planung einer ganzen Region bereichern können.
Es wuselt nur so in der Grenzregion am Hochrhein: Aus den zahlreichen umliegenden Gemeinden pendeln Menschen jeden Tag zwischen Deutschland und der Schweiz hin und her. Ein geschäftiges Treiben mitten in einer Landschaft, die mit ihren Hochrheinebenen und Buchten geradezu einzigartig ist. Doch gerade diese Ambivalenz stellt die Region vor Herausforderungen: Wie kann man den Raum so gestalten, dass die besondere Natur erhalten bleibt und der Bedarf der Menschen vor Ort nach einer gemeinsamen Infrastruktur gedeckt wird?
Ein grenzübergreifendes Raumkonzept, das gemeinsam mit der Bevölkerung entwickelt wurde, sollte Antworten geben. Denn wer wüsste besser, an welchen Stellen es im Alltag wirklich hakt, als die Bürger:innen selbst? Mit dieser Idee wagte die Region sich auf bisher unbekanntes Terrain: Zum ersten Mal wurden die Menschen vor Ort systematisch in ein raumplanerisches Großprojekt einbezogen.
In vielen Punkten entpuppte sich dieses Wagnis als wahres Erfolgsrezept: Bei vier Bürger:innenpanels zum Beispiel wurden Menschen von beiden Seiten der Grenze mit ins Boot geholt, um zu diskutieren, was man im Zusammenleben strukturell verbessern könnte und welche Themenschwerpunkte im Raumkonzept am Ende nicht fehlen durften – von Busfahrplänen, die über die Grenze hinweg nicht aufeinander abgestimmt waren bis hin zu wenig grenznahen Wohnungen. Dazu kamen weitere Formate wie gemeinsame Spaziergänge, bei denen Ideen und Impulse aus der Bevölkerung gesammelt wurden. Eine zentrale Erkenntnis dieses Vorgehens: Je früher die Menschen mit ins Boot geholt wurden, desto wirksamer war ihre Beteiligung.
Doch ganz so reibungslos gestaltete sich das Vorhaben nicht in allen Punkten. Im Laufe des Projekts stieß man schnell auf eine strukturelle Herausforderung: Das Hochrheingebiet erstreckt sich über eine Vielzahl von Gemeinden – eine beachtliche Fläche mit ganz unterschiedlichen lokalen Gegebenheiten. Diese Größe machte es schwierig, eine gleichmäßige und zugleich wirksame Bürgerbeteiligung sicherzustellen. Viele Bürger:innen fühlten sich nur bedingt direkt betroffen, was die Identifikation mit dem abstrakten Thema Raumplanung erschwerte.
Rückblickend wäre es sicherlich einfacher gewesen, die Beteiligungsprozesse vor Ort stärker auf Themen zu lenken, bei denen die Menschen unmittelbar Auswirkungen spüren und deshalb mitgestalten wollen. Nichtsdestotrotz half der Prozess dabei, die Gemeinden an das grenzübergreifende Raumkonzept zu binden und den Menschen im Hochrhein eine gemeinsame Identifikationsmöglichkeit anzubieten. Bei einer rückblickenden Befragung gaben alle beteiligten Personen an, auch in Zukunft gerne wieder an ähnlichen Projekten teilnehmen zu wollen.
Am Ende konnten sich alle hinter der Idee der versammeln: 22 Gemeinden der Grenzregion haben symbolisch eine Charta unterzeichnet, um die gemeinsame Vision umzusetzen. Zudem setzte Common Ground weitere Beteiligungsprojekte in der Region in Gang. In Zukunft könnte hier sogar eine regionale Beteiligungsinstanz entstehen, die Bürger:innen strukturell in relevante Projekte mit einbezieht.