Der Umweltökonom mit Faible für Gerechtigkeit

Der neue Robert Bosch Juniorprofessor Linus Mattauch erforscht, wie Klimaschutz in verschiedenen Regionen der Welt wirtschaftlich attraktiv wird – und dabei sogar für mehr Gerechtigkeit sorgen kann.

Eva Wolfangel | Dezember 2020

Als Linus Mattauch mit vier Kollegen zu einer privaten Bergtour aufbrach, fing einer an zu witzeln: „Jetzt schauen fünf Umweltökonomen auf schmelzende Gletscher.“ Mattauch beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Frage, wie sich Klimaschutz gesellschaftlich und wirtschaftlich durchsetzen lässt. Damals in den Bergen waren die Entscheidungen für seine Berufslaufbahn schon gefallen: Nach dem Studium der Mathematik und Philosophie in Oxford promovierte Mattauch in Ökonomie in Berlin. Das Thema Umweltschutz und die Möglichkeit, zu gesellschaftlicher Veränderung beizutragen, haben ihn angetrieben.

Von Oxford nach Berlin

Heute ist der Umweltökonom Dozent am Environmental Change Institute der University of Oxford und stellvertretender Direktor des Economics of Sustainability Programme an der Oxford Martin School. Doch nicht mehr lange: Mattauch kehrt Anfang 2021 als Robert Bosch Juniorprofessor zurück nach Deutschland. „Dank der Förderung kann ich eine eigene Arbeitsgruppe aufbauen“, sagt er. Schließlich gibt es viel zu tun. Sein Forschungsprojekt „Wie Ungleichheit und Identität globale Klimalösungen beeinträchtigen – und was die Wirtschaftswissenschaft dagegen tun kann“, das er an der TU Berlin umsetzt, soll klären, wie der Klimawandel gestoppt werden kann, ohne neue Ungerechtigkeiten zu produzieren.

 

Ich habe mich früher immer gefragt: Wieso tut sich nichts? Es ist doch eigentlich alles klar

„Eine gesellschaftliche Transformation hat immer auch Verlierer“, sagt er, „in diesem Fall sind diese sehr einflussreich.“ Und dabei geht es nicht nur um Lobbyismus, sondern um die Kosten des Klimaschutzes – beispielsweise in Form von Arbeitsplätzen in der Industrie. Sobald die Existenz einer Person oder die Wirtschaftskraft einer ganzen Region daran hängen, ist alles nicht mehr so einfach. „Ich habe mich früher immer gefragt: Wieso tut sich nichts? Es ist doch eigentlich alles klar“, sagt Mattauch. Aber nun, da er als Philosoph und Ökonom auf das Thema schaut, versteht er die Herausforderungen besser. Deshalb ist seine Mission, die Grundlage dafür zu legen, dass Umweltschutz wirtschaftlich attraktiv ist – und das weltweit und für alle.

Wer lebt klimaschädlicher – Arme oder Reiche?

Dabei ist es nicht damit getan, einfach die CO2-Preise zu erhöhen: „Das trifft die Armen stärker“, sagt Mattauch. Das sei zumindest für Deutschland bekannt. „Relativ gesehen pro Euro ist der Konsum der Armen CO2-stärker.“ Was nicht bedeutet, dass diese klimaschädlicher leben, im Gegenteil: Reiche verursachen einen höheren CO2-Ausstoß. Nur geben sie eben auch Geld für weniger klimabelastende Dinge aus wie Kultur oder Bioprodukte.

Über vergleichbare Zusammenhänge in Schwellenländern ist deutlich weniger bekannt. Wen würde dort eine Schadstoff-Besteuerung treffen? Mattauch ist sich sicher, dass sich Klimaschutz und Wirtschaftswachstum auch in Schwellenländern vereinbaren lassen. „Es kommt auf die konkrete Ausgestaltung der Wirtschaftspolitik an.“ Wie die aussehen kann, untersucht der neue Robert Bosch Juniorprofessor in den kommenden fünf Jahren.