Neue More in Common-Forschung: Wie eine sachliche Debatte über Migration wieder möglich wird
Berlin, 12. August 2025 – Zurückweisungen an den Grenzen, Abschiebestopp und 10 Jahre „Wir schaffen
das“– Migration wird in Deutschland kontrovers diskutiert. Viele Menschen empfinden es als schwierig,
gelassen über das Thema zu sprechen. Ein neues Impulspapier von More in Common, gefördert durch die
Robert Bosch Stiftung, zeigt: Eine konstruktive Debatte ist möglich – wenn zentrale Anliegen wie staatliche
Steuerung und Handlungsfähigkeit sowie Beiträge von Zugewanderten zum Gemeinwesen ernst genommen
werden.
Die Grundlage des Papiers bildet eine soziodemografisch quotierte Befragung von über 2.000 Menschen
in Deutschland. Sie offenbart eine ambivalente bis kritische Wahrnehmung von Migration: 22 Prozent der
Menschen begreifen Migration hauptsächlich als Chance, die Deutschland ergreifen sollte; weitere 32
Prozent als Notwendigkeit, mit der Deutschland umgehen muss und 39 Prozent sehen Migration primär
als Bedrohung, die bekämpft werden sollte.
Staatliche Kontrolle, Kompetenz und gesellschaftlicher Beitrag sind zentrale Anliegen
Für eine Mehrheit ist die Kontrolle darüber, wer nach Deutschland einwandert und wer nicht, wichtiger als
die Einwanderungszahlen lediglich zu reduzieren (61 Prozent zu 29 Prozent). Ebenso gibt es eine breite Unterstützung sowohl für eine verstärkte Grenzsicherung als auch die Ausweitung legaler Migrationswege –
etwa für Fachkräfte. Zu diesen Ergebnissen sagt Ben Mason-Sucher, Autor des Impulspapiers „Konstruktiv
darüber reden: Fünf Fragen für zukunftsfähige Einwanderungsdebatten”: „Es zeigt sich, dass Menschen
beim Thema Migration nicht in einer ‚Ja-Nein-Logik‘ denken, sondern versuchen unterschiedliche Prioritäten
miteinander in Einklang zu bringen.“
Ein Fokus liegt auf einem kompetenten Staat: Laut den Forschungsergebnissen wünschen sich die Bürgerinnen und Bürger eine Einwanderungspolitik, die effektiv, klar und lösungsorientiert ist. Das heißt beispielsweise, dass aus Sicht der Menschen ausreisepflichtige Personen konsequent abgeschoben, gleichzeitig, aber integrationsfördernde Maßnahmen wie Sprachkurse verstärkt angeboten werden sollen.
Das Einwanderungsmanagement von der EU und der Ampel-Bundesregierung wird von großen Mehrheiten
(71 bzw. 77 Prozent) negativ bewertet. Für Städte und Gemeinden sowie die Zivilgesellschaft fällt die
Bewertung etwas ausgewogener aus. Außerdem zeigt die Forschung, dass viele Menschen die Themen
Einwanderung und Stärkung der Wirtschaft zusammendenken. So wird der Einsatz von Arbeitskräften in
Schlüsselindustrien als wichtigster Vorteil von Migration für Deutschland gesehen. 19 Prozent geben dabei
an, dass Eingewanderte und Geflüchtete keine Vorteile für Deutschland bringen. Zu den Ergebnissen
sagt Hannes Einsporn, Senior Experte für Migration bei der Robert Bosch Stiftung: „Die Befragung legt
offen, welche Werte Menschen in der Migrationspolitik wichtig sind – ein Bild, das deutlich differenzierter
ist, als es die politische Debatte suggeriert.“
Gesellschaftliches Miteinander: Zwischen Anpassung und Multikulturalität
Als wichtigste Bedingung für Integration nennen 76 Prozent das Erlernen der deutschen Sprache. 49 Prozent
finden, dass Einwanderer und Geflüchtete ihre Werte und Bräuche beibehalten können sollten, solange
sie die deutschen Gesetze befolgen. 45 Prozent geben hingegen an, Einwanderer und Geflüchtete
sollten deutsche Werte und Gebräuche übernehmen und Gesetze befolgen. Die Studie zeigt außerdem,
dass auch Angst vor Gewalt – sowohl von als auch gegen Zugewanderte, die Wahrnehmung der Debatte
für viele Menschen stark prägt.
Ben Mason-Sucher über die Ergebnisse: „Migration und Einwanderung sind komplexe Themen, die aber
auch in der aktuellen Lage konstruktiv besprechbar sind. Unsere Daten liefern Impulse, wie eine sachliche
und lösungsorientierte Migrationspolitik in Deutschland gestaltet werden kann – jenseits polarisierter Lager.“
Hintergrund zum Impulspapier
Zur Studie
Über More in Common
More in Common hat sich als Organisation vollständig dem Thema gesellschaftlicher Zusammenhalt verschrieben. Unser Ziel ist eine in ihrem Kern gestärkte Gesellschaft, die in der Lage ist, geeint und widerstandsfähig auf gesellschaftliche Veränderungen zu reagieren. Nach unserem Verständnis ist gesellschaftlicher Zusammenhalt weit mehr als ein friedliches und zugewandtes Miteinander. Er ist Vorbedingung
für einen zentralen Aspekt lebendiger Demokratie: Streitfähigkeit über alle Unterschiede hinweg.
Wir sind eine überparteiliche Organisation, die mit institutionellen Partnern aus ganz unterschiedlichen
Bereichen kooperiert. Wir haben Teams in den USA, Großbritannien, Frankreich, Polen, Spanien, Brasilien
und Deutschland. Dabei lernen und arbeiten wir länderübergreifend.
Über die Robert Bosch Stiftung
Die Robert Bosch Stiftung arbeitet in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Globale Fragen. Mit ihrer
Förderung setzt sie sich für eine gerechte und nachhaltige Zukunft ein. Die Stiftung ist gemeinnützig, unabhängig und überparteilich. Sie geht auf das Vermächtnis von Robert Bosch zurück. Der Unternehmer
und Stifter formulierte darin den doppelten Auftrag, das Fortbestehen des Unternehmens zu sichern und
sein soziales Engagement weiterzuführen.
Die Robert Bosch Stiftung GmbH unterhält eigene Einrichtungen, entwickelt innovative Projekte und fördert
auf internationaler wie lokaler Ebene. Die Erkenntnisse aus ihrer Förderung bringt die Stiftung in die
Fachwelt und die öffentliche Debatte ein.