Common Ground

Wie gestaltet man die Zukunft im Trialog?

Was kommt nach dem Braunkohleabbau? Das Länderdreieck Deutschland-Polen-Tschechien steht vor weitreichenden Veränderungen – und das sorgt für angespannte Stimmung. Denn in der eng verflochtenen Grenzregion prallen in Sachen Energieversorgung unterschiedliche Bedürfnisse aufeinander. 

Text
Sabine Fischer
Bilder
Manuel Frauendorf Fotografie
Datum
08. August 2025
Lesezeit
3 Min.

Während der Tagebau für die polnische Seite wirtschaftlich essentiell ist, sieht man in Deutschland und Tschechien vor allem die negativen Auswirkungen auf die Umwelt. Doch auf lange Sicht ist klar: Die Grenzregion wird sich tiefgreifend verändern müssen. Wer wüsste das besser als die Menschen, die dort leben? 

Um den Strukturwandel positiv zu begleiten, haben die Städte Zittau (D), Bogatynia (PL) und Hrádek nad Nisou (CZ) im Rahmen des Projekts "Common Ground - Über Grenzen mitgestalten" rund 800 Bürgerinnen und Bürger befragt: Welche Themen müssen angegangen werden, um die Region in Zukunft lebenswert zu machen? 

Blick von oben auf Zittau.
Zwei Frauen sprechen miteinander, im Hintergrund arbeiten zwei andere an einem Workshopplakat
Während des Projekts fanden verschiedene Beteiligungsformate in allen drei Ländern statt, unter anderem in Zittau (links).

Trialog statt Dialog: Bürgerbeteiligung wird konsequent dreisprachig

Um herauszufinden, was den Menschen dabei besonders am Herzen liegt, experimentierte man vor Ort mit unterschiedlichsten Formaten – vom Dreiländerdinner bis hin zu thematischen Workshops und einer Wanderausstellung, bei der verschiedene Persönlichkeiten aus der Region porträtiert wurden. Dabei merkte man schnell: Je konkreter das Thema, desto aktiver die Menschen. Schlagworte wie „Zukunftsvision“ waren für die Veranstaltungen zwar wichtig, aber oft schwer greifbar. Deutlich mehr Resonanz gab es, wenn konkrete Vorhaben diskutiert wurden – z. B. eine gemeinsame Brücke am Dreiländerpunkt oder die Sanierung der durch die drei Länder führenden Bahnstrecke zwischen Zittau und Hrádek nad Nisou, wo sich die Bevölkerung auf polnischer Seite künftig einen Haltepunkt wünscht.

Trotz unterschiedlicher Sprachen und kultureller Feinheiten sollten die Bürger:innen  auf allen Seiten der Grenze gleichermaßen am Beteiligungsprozess teilnehmen können. Deshalb verwandelte man den klassischen Dialog kurzerhand in einen Trialog. Zum ersten Mal wurde Bürgerbeteiligung im Länderdreieck konsequent dreisprachig gedacht – und das mit Erfolg. Mit den Angeboten konnte ein breit gefächertes Publikum erreicht werden und die Dreisprachigkeit entpuppte sich nicht als Hindernis, sondern als Stärke. Sie schuf Vertrauen, Barrierefreiheit und ein gemeinsames Gefühl der Zugehörigkeit.

Auf einen Blick

Key Learnings

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  • Dreisprachige Beteiligungsformate förderten aktive Beteiligung.
  • Konkrete Maßnahmen interessierten mehr Menschen als vage Diskurse.
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Realitätscheck: Ein Trialog-Beirat soll die Umsetzung der Ideen aus der Bevölkerung begleiten

Ein solcher Prozess war nicht nur ein Novum für die Region, sondern auch der Auftakt für langfristige Veränderungen. 152 Vorschläge aus der Bevölkerung wurden als Maßnahmenliste für die Politik aufbereitet. Ganz oben auf der Liste standen der Ausbau eines grenzübergreifenden Nahverkehrs und Sprachangebote. Jetzt sollen die Ideen einem Realitätscheck unterzogen und in das Entwicklungskonzept des “Kleinen Dreiecks“ aufgenommen werden. Um die Umsetzung der Vorschläge zu begleiten, soll ein Trialog-Beirat gegründet werden, der direkt in die Strukturen des Städteverbunds eingebunden wird und somit dauerhaft arbeiten könnte. Zusätzlich plant die Stadt Zittau eine kommunale Beteiligungsstelle, die den Trialog-Prozess unterstützen kann.

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