Was hilft gegen den Pflegenotstand?

Das Niveau unserer Gesundheitsversorgung ist unter Druck geraten. Der demografische Wandel ist deutlich spürbar - dabei steht diese Entwicklung erst am Anfang! Das Manifest "Mit Eliten pflegen" zeigt, wie in Deutschland auch in Zukunft eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung für alle Menschen zur Verfügung stehen kann.

Robert Bosch Stiftung | März 2018
Patientin und Pflegerin am Bett
Werner Krüpers

Durch den demografischen Wandel gerät das Niveau unserer Gesundheitsversorgung zunehmend unter Druck. Die Zahl der älteren sowie chronisch und mehrfacherkrankten Menschen mit Pflegebedarf nimmt zu. Dabei steht diese Entwicklung erst am Anfang! Wir erwarten die volle Wucht ab Mitte der 2020er Jahre, wenn die Baby-Boomer-Generation vermehrt Pflegeleistungen benötigen wird. Zur demografischen Alterung kommen weitere Veränderungen: die Umwälzung der Arbeitsprozesse durch die fortschreitende Digitalisierung, die Ausdünnung ländlicher Räume mit dem Zurückbleiben vor allem älterer Menschen sowie die Versorgung einer zunehmend vielfältigen Bevölkerung mit ausgeprägt individuellen Bedürfnissen.

Was muss passieren, damit auch in Zukunft eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung für alle Menschen zur Verfügung stehen kann? Auf Initiative der Robert Bosch Stiftung haben sich 40 Experten mit dieser Frage beschäftigt. Ihre Ergebnisse haben sie im Manifest "Mit Eliten pflegen" zusammengefasst. Eine der zentralen Forderungen der Experten ist, dass Pflegefachpersonen die Verantwortung übertragen wird, die ihrer Qualifikation entspricht. Zudem müsse der Beruf insgesamt attraktiver werden und bessere Karrierechancen bieten, um genügend Fachpersonal für die Pflege zu gewinnen.

Das gesellschaftliche Bild der Pflege ändern

„Wir brauchen dringend attraktivere Karrierewege in der Pflege", sagt Franz Wagner, Präsident des Deutschen Pflegerats und Mitglied der Expertengruppe der Robert Bosch Stiftung. " Dazu müssen wir das gesellschaftliche Bild der professionellen Pflege ändern, das im Moment häufig darin besteht, gebrechliche Menschen umzulagern und Essen zu reichen.“ In den vergangenen Jahrzehnten sei das Umfeld von medizinischer Behandlung und Versorgung bei Pflegebedürftigkeit erheblich komplexer geworden. Hinzu komme, dass der Bedarf an pflegerischer Leistung in den kommenden Jahren rasant ansteigen werde. Die Versorgungsqualität hänge daher vor allem von der personellen Aufstellung in der professionellen Pflege und deren Qualifikation ab. „Deutschland benötigt nicht nur mehr Fachpersonal in der professionellen Pflege, sondern auch deutlich mehr akademisch qualifizierte Pflegefachpersonen in der direkten Versorgung“, so Wagner. Bereits 2012 habe der Wissenschaftsrat deshalb eine Akademisierungsquote für die Pflege von 10-20 Prozent empfohlen. Davon sei Deutschland aktuell weit entfernt.

Zu internationalen Standards aufschließen

„Es ist an der Zeit, dass Deutschland auch in der Pflege zu internationalen Standards aufschließt. Gerade was die Akademisierung anbetrifft, liegen wir weit hinter vielen Ländern zurück“, sagt Uta-Micaela Dürig, stellvertretende Vorsitzende der Geschäftsführung der Robert Bosch Stiftung. Sogar in Großbritannien, dessen National Health Service oft als Negativbeispiel herhalten müsse, sei die Situation in dieser Hinsicht deutlich besser. Speziell ausgebildete Pflegefachpersonen, sogenannte Clinical Nurse Specialists, betreuen dort ihre Patienten weitgehend selbständig und rufen den Arzt erst hinzu, wenn sich der Zustand verschlechtert. „Das Manifest soll aufzeigen, welche Voraussetzungen Spitzenpflege braucht und warum dringend mehr akademisch qualifizierte Pflegefachpersonen in allen Bereichen der Versorgung notwendig sind. Wir hoffen, dass diese Botschaft gehört wird und die entscheidenden Personen zum Umdenken und zum Handeln anregt.“

Der Titel des Manifests „Mit Eliten pflegen“ knüpft an die im Jahr 1992 erschienene Denkschrift „Pflege braucht Eliten“ der Robert Bosch Stiftung an. „Pflege braucht Eliten“ war die Antwort auf den Pflegenotstand Anfang der 1990er Jahre. Der Pflegeberuf sollte durch Akademisierung wettbewerbsfähig, im internationalen Vergleich anschlussfähig und auf die Herausforderungen des demografischen Wandels vorbereitet werden. „Pflege braucht Eliten“ gab den Anstoß für die Einrichtung einer Vielzahl von Pflegestudiengängen, insbesondere im Bereich Pflegemanagement und Pflegebildung.

Mit Eliten pflegen

Das Manifest „Mit Eliten pflegen“ soll aufzeigen, welche Voraussetzungen Spitzenpflege braucht und warum dringend...