Pressemeldung

Freigemeinnützige Krankenhäuser sehen Gesundheitsversorgung in Stuttgart gefährdet

  • Das Robert Bosch Krankenhaus, das Marienhospital Stuttgart und das Diakonie-Klinikum Stuttgart sehen sich angesichts der besorgniserregenden finanziellen Situation der Krankenhäuser und der Krankenhausstrukturreform in ihrer weiteren Entwicklung existenziell bedroht.
  • Sie fordern eine vergleichbare Unterstützung von der Stadt Stuttgart wie sie das kommunale Krankenhaus in Stuttgart erhält.
  • Steuergelder, die für die Daseinsvorsorge der Bürgerinnen und Bürger eingesetzt werden, sollten allen Krankenhäusern in gleicher Weise zur Verfügung stehen, damit sie ihren Versorgungsauftrag erfüllen können.

Stuttgart, 13.12.2023 - Die freigemeinnützigen Krankenhäuser in Stuttgart stehen am Scheideweg. In ihrem Appell warnen das Robert Bosch Krankenhaus, das Marienhospital Stuttgart und das Diakonie-Klinikum Stuttgart vor einem massiven Strukturwandel, der auch die Gesundheitsversorgung in Stuttgart gefährde. Sie sehen sich durch die aktuelle Krankenhausstrukturreform und die seit Jahren prekäre finanzielle Situation aller Krankenhäuser in ihrer weiteren Entwicklung existenziell bedroht und fordern mehr Unterstützung vom Bund, vom Land Baden-Württemberg und der Stadt Stuttgart. 

Die Situation werde dadurch verschärft, dass das städtische Klinikum großzügige finanzielle Unterstützungen von der Stadt erhält, die die freigemeinnützigen Krankenhäuser nicht erhalten. Ursachen für die schwierige finanzielle Situation der Kliniken sind die inflations- und tarifbedingten massiven Steigerungen der Betriebskosten. Hier weigert sich die Bundesregierung, die Vorgaben des Krankenhausentgeltgesetzes so anzupassen, dass die Erlöse auskömmlich sind. Andererseits ist die Finanzierung der Investitionskosten, für die die Länder zuständig sind, seit langem nicht annähernd ausreichend. „Eine zuverlässige und nachhaltige Krankenversorgung in Stuttgart ist ohne die freigemeinnützigen Krankenhäuser schwer vorstellbar“, sagt Prof. Mark Dominik Alscher, Medizinischer Geschäftsführer des Robert Bosch Krankenhauses (RBK). „Die Trägervielfalt und das langjährige Engagement dieser Krankenhäuser sichern die Gesundheitsversorgung der Bürgerinnen und Bürger in und um Stuttgart.“


Finanzielle Situation besorgniserregend

Bundesweit stehen zahlreiche Krankenhäuser vor dem Aus. Die Erlöse, die sich aufgrund der Bedingungen aus dem Krankenhausentgeltgesetz nur gering steigern lassen, reichen nicht mehr aus, um die inflationsbedingt überproportional steigenden Kosten zu decken. Besonders besorgniserregend ist die finanzielle Situation der freigemeinnützigen Krankenhäuser. Sie stehen zwar vor ähnlichen Herausforderungen wie kommunale Krankenhäuser, erhalten aber nicht die gleiche Unterstützung wie diese von den Kommunen. „Da wir als freigemeinnützige Krankenhäuser den medizinischen Versorgungsauftrag in gleicher Weise erfüllen, sind wir auf eine auskömmliche Finanzierung existenziell angewiesen. Das Defizit des Klinikums wird von der Stadt konstant ausgeglichen, wir dagegen müssen unsere Finanzierung aus eigener Kraft stemmen“, sagt Johann Marx, Kaufmännischer Direktor am Marienhospital Stuttgart. Das Robert Bosch Krankenhaus, das Marienhospital Stuttgart und das Diakonie-Klinikum Stuttgart fordern deshalb von der Politik die gleiche Unterstützung, wie sie beispielsweise das Städtische Klinikum Stuttgart erhält. Es sei nicht einsehbar, warum öffentliche Steuergelder einseitig vergeben und wichtigen Krankenhäusern grundlos vorenthalten werden, die ebenfalls einen Versorgungsauftrag erfüllen. „Wir unterstützen die Gesundheitsversorgung der Bürgerinnen und Bürger im Großraum Stuttgart und sind weiterhin gern bereit zu investieren und Gesundheitsdienstleistungen in vielfältiger Weise weiterzuentwickeln, erwarten dafür aber gerechte Spielregeln für alle Träger“, sagt Dr. Bernhard Straub, Geschäftsführer der Robert Bosch Stiftung, die den Bosch Health Campus in Stuttgart trägt, zu dem auch das Robert Bosch Krankenhaus gehört.


Geplante Krankenhausstrukturreform verschärft die Situation

Die geplante Krankenhausstrukturreform des Bundes birgt zudem die Gefahr, dass landesspezifische Gegebenheiten und lokale Bedürfnisse nicht berücksichtigt werden. Die Krankenhäuser in Stuttgart sind Qualitäts- und Leistungsführer für Stuttgart und die Region in unterschiedlichen Disziplinen. So verfügt jedes der drei großen freigemeinnützigen Krankenhäuser über herausragende Expertisen mit teils internationaler Reputation auf verschiedenen Gebieten. „Wir freigemeinnützigen Krankenhäuser setzen auf Kooperation statt auf Konkurrenz. Dieses Zusammenwirken unserer Häuser mit unseren jeweiligen Spezialisierungen stellt das Fundament für eine funktionierende Stuttgarter Krankenhauslandschaft“, betont Prof. Dr. René Schmidt, Ärztlicher Direktor am Marienhospital Stuttgart. Diese Spezialisierungen und damit die Qualität in der Versorgung der Patientinnen und Patienten drohen bei der anstehenden Krankenhausstrukturreform unterbewertet zu werden. Die drei großen freigemeinnützigen Krankenhäuser appellieren daher auch an die Landesregierung, ihre Position bei der anstehenden Krankenhausstrukturreform zu berücksichtigen. „Die Trägervielfalt der Krankenhäuser in Stuttgart sichert zum einen eine qualitativ hochwertige Versorgung der Bürgerinnen und Bürger, zum anderen sorgt sie schlicht für die benötigten Bettenkapazitäten. Dies jetzt durch eine Reform zu gefährden, die einseitig staatliche Institutionen unterstützt, erachte ich als fahrlässig und gefährlich“, sagt Alscher. „Von der Stadt Stuttgart wünsche ich mir eine faire, begleitende Unterstützung unseres Krankenhausalltags. Das bedeutet die gleiche finanzielle Unterstützung wie sie das Städtische Klinikum mit jährlich etwa 50 Mio. Euro zur Sicherung des laufenden Betriebs erhält.“


Einseitiger Verlustausgleich für kommunale Kliniken rechtswidrig?

Die Praxis des einseitigen Verlustausgleichs für kommunale Kliniken darf nach Auffassung der Krankenhäuser in freigemeinnütziger und privater Trägerschaft so nicht weiter stattfinden. Die Verbünde der freigemeinnützen Krankenhäuser in Deutschland haben deshalb zu dieser Frage ein aktuelles Rechtsgutachten bei der renommierten Verfassungsrechtlerin Prof. Dr. Frauke Brosius-Gersdorf, Universität Potsdam in Auftrag gegeben. Dieses Gutachten kommt zu dem eindeutigen Ergebnis, dass Krankenhäuser aller Trägerformen durch die Krankenhausplanung im gleichen Markt tätig sind und gleichermaßen Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse erbringen. Sie haben dem Gutachten zufolge Anspruch auf Gleichbehandlung. Das bedeutet konkret, dass die Kommunen, die sich freiwillig für einen Defizitausgleich bei kommunalen Krankenhäusern entscheiden, diesen Anspruch auch gegenüber den freigemeinnützigen und privaten Krankenhäusern erfüllen müssen. Das Gutachten kommt zu dem Schluss, dass die derzeitige Praxis des Defizitausgleichs nur für kommunale Krankenhäuser einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes und gegen das europäische Beihilfenrecht darstellt. 

„Es ist ein elementares Bedürfnis der Menschen, im Krankheitsfall angemessen und auf höchstem Qualitätsniveau versorgt zu werden. Die frei gemeinnützigen Krankenhäuser haben in über 100 Jahren bewiesen, dass sie unabhängig von politischen Veränderungen dazu in der Lage sind“, sagt Bernd Rühle, Geschäftsführer des Diakonie-Klinikums Stuttgart. „Eine durch Trägerpluralität gekennzeichnete Versorgungslandschaft bietet den Bürgerinnen und Bürgern die Gewähr aus verschiedenen Angeboten auswählen zu können.“

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