Pressemeldung

Appell an die deutsche Bundesregierung: Die Zukunft der Pazifikinseln zu einem Schwerpunkt der deutschen Klimaaußenpolitik machen

  • Der Anstieg des Meeresspiegels ist für einige Pazifikinseln zu einer existenziellen Bedrohung geworden - sie werden innerhalb der nächsten Jahrzehnte unbewohnbar werden. 
  • Auf Einladung der Robert Bosch Stiftung sind hochrangige Vertreter:innen von Tuvalu zu politischen Gesprächen in Deutschland.
  • Aus diesem Anlass startet die Robert Bosch Stiftung zusammen mit der Rising Nations Initiative und dem UN Global Centre for Climate Mobility einen Appell an die Bundesregierung, in dem Deutschland aufgefordert wird, die Zukunft der pazifischen Inselstaaten zu einem Kernthema seiner Klimaaußenpolitik zu machen.

Berlin, 23. Mai  2023 – Im April 2023 stellte die Weltorganisation für Meteorologie fest, dass sich der Anstieg des Meeresspiegels im globalen Durchschnitt in den letzten zehn Jahren verdoppelt hat. Die pazifischen Atoll-Inselstaaten Tuvalu, Kiribati und die Marshall-Inseln werden innerhalb der nächsten Jahrzehnte unbewohnbar werden. Anlässlich des Besuchs der Vertreter:innen von Tuvalu in Deutschland ermutigen die Rising Nations Initiative (ein Zusammenschluss 15 pazifischer Inselstaaten), das Global Centre for Climate Mobility und die Robert Bosch Stiftung die Bundesregierung eindringlich dazu, eine globale Führungsrolle zu übernehmen und die Zukunft der pazifischen Atoll-Inselstaaten zu einem Kernthema ihrer Klimaaußenpolitik zu machen.

Deutschland kann eine globale Führungsrolle übernehmen 

Die internationale Gemeinschaft muss JETZT handeln – angeführt von Ländern wie Deutschland, die bereit sind, die Klimakrise und ihre Folgen anzugehen. In ihrer Eröffnungsrede des 14. Petersberger Klimadialogs am 2. Mai hob Außenministerin Annalena Baerbock die existenzielle Bedrohung einiger kleiner Inselstaaten hervor. 
 
Erstmalig werden durch die Klimakrise souveräne Länder unbewohnbar 

Der steigende Meeresspiegel wird zum ersten Mal in der Geschichte dazu führen, dass die Klimakrise - oder besser gesagt, die kollektive Untätigkeit vieler Nationen bei der Verhinderung dieser Krise - mehrere souveräne Länder unbewohnbar machen wird. Für Tuvalu, ein Atoll-Inselstaat im Pazifik, der auf halbem Weg zwischen Hawaii und Australien liegt, wird diese Aussicht höchstwahrscheinlich bis Mitte des Jahrhunderts Realität; Kiribati und die Marshall-Inseln erwartet eine ähnliche Zukunft. Besonders tragisch: Die pazifischen Inselentwicklungsländer sind nicht für die Klimakrise verantwortlich - sie tragen zusammen weniger als 0,03% zu den weltweiten Kohlenstoffemissionen bei. 
 
Wir fordern daher die Bundesregierung auf, folgende Maßnahmen zu prüfen: 

1. Auswärtige Kulturpolitik im Einklang mit Klimapolitik gestalten: Die deutsche Auswärtige Kulturpolitik sollte mit der deutschen Klimapolitik verknüpft werden, um das kulturelle Erbe pazifischer Inselentwicklungsländer wie Tuvalu zu schützen. Das kann durch eine stärkere Unterstützung der Bemühungen zum Erhalt und Schutz des kulturellen Erbes bedrohter Länder geschehen. Darüber hinaus gilt es, sich für die weltweite Anerkennung des universellen Wertes ihrer Kultur, ihrer Bräuche und ihres Erbes einzusetzen - auch in der UNESCO und anderen einschlägigen internationalen Foren.

2. Souveränität und Staatlichkeit schützen: Deutschland sollte sich dafür einsetzen, die Bemühungen zum Schutz der Souveränität, der Staatlichkeit und der Rechte bedrohter kleiner pazifischer Inselstaaten wie Tuvalu zu unterstützen. Dabei müssen die beispiellosen Herausforderungen Berücksichtigung finden, die sich aus dem Anstieg des Meeresspiegels ergeben. So könnte Deutschland die Klärung rechtlicher Fragen innerhalb bestehender internationaler Rechtsforen vorantreiben, für internationale Anerkennung der einzigartigen Situation Tuvalus und anderer pazifischer Atoll-Inselstaaten eintreten sowie Projekte unterstützen, die die Fortsetzung der Regierungstätigkeit sicherstellen, z.B. durch eine digitale Infrastruktur und Konnektivität.

3. In Anpassung investieren und Verluste und Schäden angehen: Deutschland sollte weiter in die Anpassungsbemühungen der kleinen Inselstaaten im Pazifik investieren, um deren Lebensgrundlage und wirtschaftliche Aktivität zu schützen. Deutschland sollte auch verstärkt in die Bewältigung von Verlusten und Schäden (loss and damage) investieren, z. B. durch die Unterstützung von Programmen zur Verringerung des Katastrophenrisikos und die Bereitstellung finanzieller Hilfe für die Betroffenen der Klimakrise.

4. Die Bevölkerung im Pazifik in die Lage versetzen, mit der beispiellosen Herausforderung umzugehen: Die Menschen der pazifischen Atoll-Inselstaaten brauchen angesichts ihrer ungewissen Zukunft dringend internationale Unterstützung. Wir müssen in die Resilienz, die Menschenwürde und die Handlungsfähigkeit der betroffenen Menschen investieren, damit sie sich an diese noch nie dagewesene Herausforderung der Klimakrise anpassen können, auch wenn sie sich für eine Umsiedlung in Würde und Souveränität entscheiden. Deutschland sollte sich für eine auf die Menschen ausgerichtete Klimapolitik einsetzen, die lokal verankert ist und von den Menschen vor Ort getragen wird.

Mit der Priorisierung dieser Themen kann Deutschland daran mitwirken, die Staatlichkeit, Souveränität, Rechte und das kulturelle Erbe der kleinen Inselentwicklungsländer wie Tuvalu zu schützen und gleichzeitig die Klimagerechtigkeit und die Bewältigung der Auswirkungen des Klimawandels vorantreiben. Diese Bemühungen werden entscheidend dazu beitragen, die betroffenen Gesellschaften auf ihrem beispiellosen Weg der Anpassung zu unterstützen. 

"Die Suche nach der richtigen Lösung erfordert Führungsstärke und Einfühlungsvermögen – und das beginnt mit der Erkenntnis, dass eine weltweit verursachte Situation auch eine global gerechte und ausgewogene Lösung haben muss." Kausea Natano, Premierminister von Tuvalu 
 

Deutschland kann als Beispiel vorangehen 

Deutschlands Führungsrolle im internationalen System wurzelt in seinem Bekenntnis zu einer regelbasierten Ordnung und einer wertebasierten Führung in der internationalen Politik. In der internationalen Politik und Zusammenarbeit geht es um unsere gemeinsame Verantwortung, eine bessere Welt für alle zu schaffen. Durch die Unterstützung kleiner Inselentwicklungsländer wie Tuvalu, die sich einer existenziellen Bedrohung gegenübersehen, kann Deutschland beispielhaft vorangehen. Diesem Beispiel können andere Länder und Europa im Geist der internationalen Zusammenarbeit für Klimagerechtigkeit und Klimamaßnahmen folgen. 

Angesichts der aktuellen Krise des Multilateralismus bietet die Unterstützung der pazifischen Inselentwicklungsländer wie Tuvalu eine Möglichkeit für Deutschland, das Engagement für seine Werte und die regelbasierte internationale Ordnung zu bekräftigen. Wir sind überzeugt, dass unser heutiges Handeln dazu beitragen kann, den moralischen Kompass der Weltpolitik für kommende Generationen auszurichten.

Botschafter Samuelu Laloniu, Sondergesandter Tuvalus, Rising Nations Initiative

Grace Malie, Jugenddelegierte der Rising Nations Initiative 

Kamal Amakrane, Direktor des UN Global Centre for Climate Mobility und derzeit Richard von Weizsäcker Fellow der Robert Bosch Academy 

Dr. Bernhard Straub, Geschäftsführer der Robert Bosch Stiftung
 

Ihre Ansprechpartnerin

Kontakt Presse
Julia Rommel, Referentin
Robert Bosch Stiftung
Heidehofstraße 31
70184 Stuttgart
Tel.0711 46084-750
E-Mail an Kontakt Presse