Pressemeldung

Neuer UNRISD Flagship-Bericht zeigt: Extreme Ungleichheiten in Gesellschaften sind systembedingt

Forschungsinstitut fordert neuen ökosozialen Gesellschaftsvertrag mit veränderten Machtstrukturen

Berlin/Bonn, 25. Januar 2023 – Die heutigen extremen Ungleichheiten, die Umweltzerstörung und die Krisenanfälligkeit unserer Gesellschaften sind kein Fehler unseres globalen Wirtschaftssystems, sondern sein inhärentes Merkmal. Zu diesem Ergebnis kommt der neueste Flagship-Bericht „Krisen der Ungleichheit. Machtstrukturen ändern für einen neuen ökosozialen Gesellschaftsvertrag“ des Forschungsinstituts der Vereinten Nationen für soziale Entwicklung (UNRISD), der gestern in der Robert Bosch Stiftung in Berlin vorgestellt wurde. Der Bericht fordert grundlegende systemische Veränderungen des Wirtschafts- und Gesellschaftssystems und schlägt dafür weitreichende Politikmaßnahmen vor. Die Robert Bosch Stiftung fördert UNRISD.

„Unsere Welt steht vor einer Zerreißprobe, konfrontiert mit schweren Krisen, politischen Spaltungen und der existenziellen Bedrohung durch den Klimawandel. Der Flagship-Bericht zeigt, dass es einen roten Faden gibt, der diese Krisen miteinander verbindet: wachsende wirtschaftliche und soziale Ungleichheiten, die Krisen verursachen und als Ergebnis von ihnen verstärkt werden“, sagt Dr. Katja Hujo, UNRISD-Senior Forschungskoordinatorin und Hauptautorin des Berichts. „Jetzt ist es an der Zeit zu handeln und einen neuen ökosozialen Gesellschaftsvertrag zu schmieden, der auf den Menschenrechten und den Werten Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und Solidarität basiert.“

Wirtschaftliche und soziale Ungleichheiten seien die Ursache für politische Ungleichheiten und werden durch politische Ungleichheit weiter verschärft, so der Bericht. Die dort dargelegten empirischen Belege machen deutlich, dass Ungleichheiten in allen Dimensionen für Gesellschaften und Volkswirtschaften schädlich sind.

„‘Leave no one behind‘ ist eine der zentralen Forderungen der Agenda 2030. Deswegen umfasst die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie auch die soziale Dimension,“ kommentierte Sarah Ryglewski, Staatsministerin im Kanzleramt, den Bericht. „Mit einer Politik, die sich an ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit orientiert, wollen wir die Transformation hin zu einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft gestalten, die soziale Sicherheit bietet und für die Zukunft gewappnet ist.“

Eine Vision für ein neues globales System

Der Bericht skizziert einen auf einem breiten gesellschaftlichen Konsens beruhenden Vertrag, der die Beziehungen zwischen Staat, Markt, Mensch und natürlicher Umwelt wieder ins Gleichgewicht bringen könnte. Dafür müssten Wirtschaft und Gesellschaft umstrukturiert, der Klimawandel und die Umweltzerstörung abgewendet und wirtschaftliche Ungleichheiten reduziert, sowie historische Ungerechtigkeiten wie Kolonialismus und Sklaverei und ihre heutigen Hinterlassenschaften angegangen werden.

Um zu dieser Vision zu gelangen, schlägt der Bericht ein neues Entwicklungsmodell vor, das auf drei Säulen basiert: alternative Wirtschaftsansätze, die soziale und Umweltgerechtigkeit in den Mittelpunkt stellen und die Wirtschaft wieder in die Gesellschaft einbetten; eine transformative Sozialpolitik, die durch einen fairen Fiskalvertrag untermauert wird, sowie einen neu konzipierten Multilateralismus und gestärkte Solidarität. Dazu zeigt der Bericht Beispiele für alle drei Bereiche aus der ganzen Welt.

„Ein geringes Einkommen, kein Vermögen, keine angemessene Wohnung, fehlender Zugang zu guter Bildung und Pflege, klimaneutraler Mobilität und Natur, zu wenig Mitbestimmung – dies alles gehört zu den negativen Folgen vielschichtiger Ungleichheiten, die insbesondere gesellschaftlich benachteiligte Gruppen treffen“, sagt Dr. Ellen Ehmke, Senior Expertin für Ungleichheit der Robert Bosch Stiftung. „Der neue UNRISD-Bericht analysiert all dies präzise und zeigt Wege auf, die uns aus den Krisen der Ungleichheit führen. Daher ist es so wichtig, die Impulse aus dem Bericht auch in und für Deutschland zu diskutieren.“

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Julia Rommel, Referentin
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