Pressemeldung

Repräsentative Umfrage der Robert Bosch Stiftung zeigt alarmierend hohe Belastung von Lehrkräften im dritten Corona-Schuljahr

  • Laut Deutschem Schulbarometer ist Wochenendarbeit für viele Lehrkräfte die Regel, über die Hälfte leidet an Erschöpfung.
  • Jede zehnte Lehrkraft möchte die Arbeitszeit reduzieren.
  • Weitere Ergebnisse: Deutlicher Anstieg von Verhaltensauffälligkeiten und Lernrückständen bei Schüler:innen.

Stuttgart/Berlin, 09.06.2022 - Die Corona-Pandemie und der Lehrkräftemangel haben an deutschen Schulen tiefe Spuren hinterlassen: Eine überwältigende Mehrheit der Lehrkräfte erlebt das Kollegium (92%) und sich selbst (84%) derzeit stark oder sehr stark belastet. Für über drei Viertel der Lehrkräfte (79%) ist Wochenendarbeit die Regel und eine Erholung in der Freizeit kaum noch möglich (60%). Die Hälfte leidet unter körperlicher (62%) oder mentaler Erschöpfung (46%). Mehr als jede zehnte Lehrkraft (13%) plant, im kommenden Schuljahr weniger zu arbeiten und das wöchentliche Deputat zu reduzieren. Das zeigen die Ergebnisse des Deutschen Schulbarometers, einer repräsentativen Umfrage der Robert Bosch Stiftung GmbH, durchgeführt von forsa.

„Lehrkräfte stehen enorm unter Druck. Sie müssen die Digitalisierung im Rekordtempo nachholen, Corona-Richtlinien überwachen, Lernrückstände aufarbeiten, einen Fachkräftemangel abfedern und eine steigende Zahl von geflüchteten ukrainischen Kindern und Jugendlichen in die Schulen integrieren“, sagt Dr. Dagmar Wolf, Bereichsleiterin Bildung der Robert Bosch Stiftung. Trotz der noch immer sehr hohen Berufszufriedenheit (74%) sei das Belastungserleben der Lehrkräfte in der Pandemie stark angestiegen. „Lehrerin oder Lehrer wird man aus Überzeugung. Aber chronische Überlastung macht auf Dauer krank und unzufrieden. Schulen benötigen deshalb dringend zusätzliches Personal. Dazu gehören Sozialpädagog:innen und Schulsozialarbeiter:innen, aber auch Verwaltungskräfte, die die Schulleitungen entlasten.“

Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen weiter angestiegen

Fast alle Lehrkräfte (95%) geben an, seit Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 einen deutlichen Anstieg von Verhaltensauffälligkeiten bei ihren Schüler:innen zu beobachten. Im Vergleich zur Befragung des Deutschen Schulbarometers im September 2021 ist dieser Anteil in fast allen Bereichen noch einmal gestiegen. So berichten jetzt 80% der Befragten von einer starken Zunahme von Konzentrations- und Motivationsproblemen (2021: 67%). Fast doppelt so viele Lehrkräfte (42%) wie vor einem halben Jahr beobachten aggressives Verhalten bei ihren Schüler:innen. Befragt nach Hilfsangeboten für die Kinder und Jugendlichen verweisen fast drei Viertel der Lehrkräfte auf Angebote der Schulsozialarbeit. Sprechstunden von Schulpsycholog:innen finden an der Hälfte der Gymnasien und Berufsschulen statt, jedoch lediglich an einem Drittel der Haupt-, Real- und Gesamtschulen und an einem Viertel der Grundschulen. 

Deutliche Lernrückstände bei Schüler:innen

Ein zeitlicher Vergleich zwischen September 2021 und April 2022 zeigt außerdem, dass die Lehrkräfte den Anteil der Schüler:innen mit deutlichen Lernrückständen inzwischen deutlich höher schätzen (September 2021: 33%, April 2022: 41%). Das betrifft vor allem Schulen, in denen mehr als die Hälfte der Schülerschaft eine andere Familiensprache als Deutsch spricht. Drei Viertel der Lehrkräfte geben an, dass Schüler:innen nicht die Unterstützung erhalten, die nötig wäre, um vorhandene Lernlücken zu schließen. Ebenso viele sind der Meinung, dass die Förderung des psychischen Wohlbefindens wichtiger sein sollte als das Erfüllen der Lehrpläne.

Zum Zeitpunkt der Befragung im April 2022 stellt die Bewältigung von Corona-Maßnahmen die größte Herausforderung für die Lehrkräfte dar (38%). Es folgen der Lehrkräftemangel (26%) und das Verhalten der Schüler:innen (21%). 

Über das Deutsche Schulbarometer 
Das Deutsche Schulbarometer ist eine Umfrage der Robert Bosch Stiftung unter Lehrkräften an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen in Deutschland. Die repräsentative Stichprobe umfasste insgesamt 1.017 Lehrer:innen und wurde zwischen dem 6. und 18. April 2022 als Online-Befragung von forsa durchgeführt. Die vollständigen Ergebnisse der Umfrage finden Sie hier.

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