Migration

Klare Regeln für den Einsatz digitaler Technologien

Visaentscheidungen auf Basis von Algorithmen, Modelle zur Vorhersage von Migrationsströmen bis hin zu Flüchtlingen, die per Iris-Scan Lebensmittel einkaufen – digitale Technologien verändern bereits heute die Steuerung von Migration und Flucht erheblich. In einem aktuellen Essay für den Migrationsbericht des Mixed Migration Centres 2022 gibt Senior Expertin Jessica Bither Einblick in die Entstehung eines digitalen Nervensystems.

Text
Jessica Bither / Julia Rommel
Grafikcollage auf Basis von
stock.adobe.com/garrykillian/2D
Datum
06. Dezember 2022

Durch die Nutzung digitaler Technologien im Bereich Migration entstehen zahlreiche neue Risiken, schreibt Bither in ihrem Beitrag. So gebe es erkennbare Gefahren, diese Technologien dazu zu nutzen, Menschen zu diskriminieren oder autoritäres Regieren auch im digitalen Raum fortzusetzen. Gleichzeitig könnten digitale Technologien auch Einzelpersonen oder Communities über Grenzen hinweg stärken – beispielsweise, indem sie vereinfachten Zugang zu Verfahren oder zum digitalen Arbeitsmarkt erleichtern.

Daher fordert die Migrations- und Technologie-Expertin in ihrem Essay, jetzt wichtige Entscheidungen in Bezug auf die Governance – das heißt Steuerung – digitaler Technologien zu treffen. Nur so könnten die Menschenwürde, individuelle Freiheiten und grundlegende Menschenrechte gewahrt werden. 

Dazu müssen sich Akteure, die an der Steuerung von Migration in einer digitalisierten Welt beteiligt sind, damit auseinandersetzen, welche Technologien wie und nach welchen Regeln eingesetzt werden – und zuallererst, wer diese Regeln festlegt. Jessica Bither schreibt:

 „Die Technologie selbst kann uns in den meisten Fällen nicht sagen, ob wir sie einsetzen sollten, denn das hängt davon ab, wofür wir sie nutzen."

Zitat vonJessica Bither

Migration und Flüchtlingsschutz sind hochpolitische Räume, die Auswirkungen eines Technologieeinsatzes stark kontextabhängig. Nur mit diesem Verständnis kann man zwischen nützlichen, innovativen Anwendungen unterscheiden und solchen, bei denen die Alarmglocken läuten sollten, so Bither weiter.

Beispielsweise könnten sogenannte „digitale Identitäten“ eine Hilfe für Migranten wie Flüchtlinge sein, da sie nicht darauf angewiesen sind, Identitätsnachweise in Papierform mit sich zu führen. Da diese Technologien jedoch häufig auf großen biometrischen Datenbanken beruhen, besteht die Gefahr, dass sie auch zur Überwachung oder zur Unterdrückung politischer Gegner missbraucht werden. Daher, so die zentrale Forderung in Jessica Bithers Essay, sollten die politischen Instrumente, die für die Steuerung digitaler Technologien oder KI-basierter Anwendungen insgesamt entwickelt werden, die besonderen Anforderungen im Bereich Migration und Flucht berücksichtigen. 
Hier lesen Sie den gesamten Essay.

Das könnte Sie auch interessieren
3 Flüchtlinge im Schilf
Interview zur Migrationspolitik

„Die Menschen wollen sehen, dass die Regierung die Dinge im Griff hat.“

Weshalb es falsch wäre, in der Migrationspolitik auf mehr Abschreckung zu setzen, erklärt Bram Frouws vom Mixed Migration Centre.
Spotlight Session
Weltflüchtlingsforum

Flüchtlingspolitik: Internationale Zusammenarbeit auf dem Prüfstand

Auf dem Genfer Weltflüchtlingsforum finden naheliegende Lösungen zum Schutz von Geflüchteten bisher zu wenig Berücksichtigung.
Weiße Flagge mit Logo der COP
Weltklimakonferenz in Dubai

Die Rolle der Robert Bosch Stiftung auf der COP28

Welche Themen und Ziele wir in diesem Jahr auf der COP28 verfolgt haben, erfahren Sie hier.
Illustration: Menschen auf der Flucht
Migrationspolitik

6 Mythen über Migration: Wir haben nachgehakt

Wir widerlegen einige der gängigsten Mythen über Migration mit Hilfe unseres Partners Mixed Migration Centre.