Hier erhalten Sie detaillierte Informationen zu den einzelnen Dimensionen des Vielfaltsbarometers:

Lebensalter / Behinderung / Geschlecht / Sexuelle Orientierung / Ethnische Herkunft / Religion / Sozioökonomische Schwäche

Lebensalter

Welche dramatischen Konsequenzen der demografische Wandel für Deutschland haben wird, ist seit Langem bekannt. Langfristig wird unsere Gesellschaft nicht nur altern, sondern auch schrumpfen. Es ist davon auszugehen, dass auch die starke Zuwanderung in den vergangenen Jahren diesen Trend nicht völlig aufhalten oder gar umkehren kann. Diese Situation stellt nicht nur den Arbeitsmarkt und den Wohlfahrtsstaat vor große Herausforderungen. Da sich heute mehr Generationen aktiv in die Gesellschaft einbringen als noch vor 50 Jahren, gilt es im täglichen Zusammenleben, die Bedürfnisse und Prioritäten aller Altersgruppen zu berücksichtigen. Hierzu gehören auch unterschiedliche Werte, Lebensgewohnheiten und Einstellungen, die Jung und Alt vertreten.

Die Dimension Lebensalter des Vielfaltsbarometers erfasst deshalb, inwiefern Menschen die Lebensweisen von anderen Altersgruppen als ihrer eigenen akzeptieren. Die Ergebnisse zeigen, dass nur 16 Prozent der Befragten nicht so gut mit Menschen zurechtkommen, die deutlich älter oder jünger sind als sie selbst, aber für gut ein Viertel (28 Prozent) das Leben in einem Mehrgenerationenhaushalt nicht infrage kommt. Zudem deuten die Ergebnisse auf einen grundsätzlichen Einstellungsunterschied zwischen West und Ost hin, denn bei allen neuen Bundesländern sind die Ablehnungsraten im bundesweiten Vergleich am höchsten.

Behinderung

Im Grundgesetz ist festgelegt, dass niemand aufgrund seiner Behinderung in Deutschland benachteiligt werden darf (Art. 3 Abs. 3 Satz 2). Um dieses Benachteiligungsverbot effektiv umzusetzen, gilt seit 2002 das Behindertengleichstellungsgesetz. Trotz dieser staatlichen Bemühungen sehen sich Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen im Alltag häufig mit Herausforderungen konfrontiert, die so unterschiedlich sein können wie ihre Behinderungen selbst. Dies liegt mitunter auch daran, dass behinderte Menschen häufig noch immer als eine soziale Randgruppe betrachtet werden. Dabei ist weniger die Art und Schwere der Beeinträchtigung entscheidend dafür, was wir unter Behinderung verstehen, sondern wie die Gesellschaft auf sie reagiert und mit ihr umgeht.

Dieser Umgang mit behinderten Menschen wird zunehmend normaler, wie das Vielfaltsbarometer zeigt. Mit 83 von 100 Punkten ist keine andere Vielfaltsgruppe so stark akzeptiert wie die Menschen mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen. Auch beim Thema Inklusion zeigen sich die Deutschen sehr offen: 73 Prozent der Befragten vertreten die Ansicht, dass der gemeinsame Schulbesuch mit behinderten Kindern für normal entwickelte Kinder keine Benachteiligung darstelle.

Geschlecht

Das Geschlecht spielt in Fragen der Gleichstellung seit jeher eine große Rolle. Bis in die jüngste Zeit ging es hier im Wesentlichen um das Verhältnis von Männern und Frauen, auch wenn zunehmend der Umgang mit dem sog. „Dritten Geschlecht“ thematisiert wird. Grundsätzlich verschieben sich traditionelle Rollenbilder: Männer bringen sich in Erziehung und Familie ein, eine Berufstätigkeit von Frauen ist eher Norm als die Ausnahme. Auch wenn Spitzenpositionen in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft nach wie vor zumeist männlich besetzt sind, wird angestrebt, dass Männer und Frauen gleichberechtigt auf allen Ebenen des Arbeitsmarkts vertreten sind – wenn nötig auch mit Quotierungen.

Das Vielfaltsbarometer zeigt, dass es in Deutschland eine Mehrheit für bspw. die Einführung einer Frauenquote gäbe. Tradierte Rollenbilder hingegen sind inzwischen nicht mehr mehrheitsfähig. So sind lediglich 15 Prozent der Befragten der Ansicht, dass ein Mann sich durchsetzen müsse, um ein richtiger Mann zu sein. Ganz generell liegt in Deutschland die Akzeptanz eines anderen Geschlechts bei 69 von 100 Punkten.

Sexuelle Orientierung

Die sexuelle Orientierung nur nach hetero- und homosexuell zu unterscheiden, ist nach heutigem Verständnis zu eng gefasst. So werden unter dem Begriff LGBTTIQ*-Community Menschen zusammengefasst, die sich als lesbisch, schwul, bisexuell, transsexuell, transgender, intersexuell und / oder queer betrachten. Gleichzeitig gibt das Kürzel LGBTTIQ* nicht nur Auskunft über die sexuelle Orientierung (also die Frage, wen man liebt), sondern auch über die sexuelle Identität (also die Frage, als was man sich versteht – z.B. als intersexuell).

Obwohl die Akzeptanz gegenüber Menschen jeglicher sexueller Orientierung in vielen Teilen der Welt zunimmt und die Offenheit gegenüber anderen sexuellen Orientierungen als der heterosexuellen – also der Geschlechtsbeziehung zwischen Mann und Frau – auch in Deutschland seit vielen Jahrzehnten immer weiter wächst, haben gleichgeschlechtliche Paare erst seit dem 1. Oktober 2017 ein Recht auf Eheschließung. Die deutsche Bevölkerung allerdings steht unterschiedlichen sexuellen Orientierungen sehr offen gegenüber, wie das Vielfaltsbarometer zeigt. Mit 77 Punkten (auf einer Skala von 0 bis 100 Punkten) ist kaum eine andere gesellschaftliche Gruppe so stark akzeptiert wie Menschen einer nicht-heterosexuellen Orientierung. Auch wenn das Antwortverhalten zu verschiedenen Fragen unterschiedlich ausfällt und es regionale Unterschiede gibt, bleibt die Zustimmung unterm Strich sehr hoch.

Ethnische Herkunft

Obwohl sich die deutsche Gesellschaft durch zunehmende Vielfalt in vielen Lebensbereichen auszeichnet, wird in der Öffentlichkeit vor allem der Einfluss kontinuierlicher Einwanderung aus anderen Ländern und Kulturen kontrovers diskutiert. Die Zunahme von ethnischer Vielfalt bringt dabei auch den vermehrten Gebrauch fremder Sprachen mit sich sowie eine veränderte Häufigkeit des Vorkommens vorher nicht bekannter Sitten und Gebräuche. Nicht nur in der Öffentlichkeit werden Sorgen laut, dass diese Entwicklung negative Folgen für die Gesellschaft hat oder zukünftig haben wird. Die Vorteile ethnischer Diversität sind für viele Menschen erst auf den zweiten Blick ersichtlich.

Mit der Dimension Ethnische Herkunft erfasst das Vielfaltsbarometer, inwieweit die Befragten Menschen mit anderen ethnischen und kulturellen Wurzeln akzeptieren. Mit 73 von 100 Punkten erreicht die Akzeptanz von Menschen anderer Ethnie den höchsten Zuspruch nach Menschen mit Behinderung oder einer nicht heterosexuellen Orientierung. Zudem geben 83 Prozent der Befragten an, immer etwas Neues zu lernen, wenn sie mit Menschen aus anderen Ländern zusammen sind. Ethnische Vielfalt scheint also weniger problematisch gesehen zu werden, als es manche öffentliche Debatte vermuten lässt.

Religion

Der Umgang mit religiöser Vielfalt ist in den vergangenen Jahren ein immer wichtigeres Thema geworden. Bis zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts war Deutschland fast ausschließlich christlich geprägt. Im Jahr 1950 gehörten nur gut vier Prozent der Bevölkerung in West- und Ostdeutschland einer nichtchristlichen oder gar keiner Religionsgemeinschaft an. Damit fühlten sich knapp 96 Prozent der Bevölkerung dem evangelischen oder katholischen Glauben zugehörig. Im Jahr 2013 waren es nur noch knapp 59 Prozent. Der Anteil von Atheisten oder konfessionell Ungebundenen ist indes weiter gestiegen. Zudem manifestiert sich die Diversifikation religiöser Orientierungen zunehmend auch über den deutlichen Zuwachs nichtchristlicher Religionen in Deutschland, wobei allen voran der Islam zu nennen ist.

Das Vielfaltsbarometer greift unterschiedliche Aspekte der Dimension Religion auf, um deren Akzeptanz bzw. Ablehnung in der Gesellschaft zu messen. Dabei ist festzustellen, dass religiöse Vielfalt mit 44 Punkten die geringste Akzeptanz aller Vielfaltsdimensionen erfährt. Insbesondere in Ostdeutschland gibt es große Vorbehalte gegen Religiosität ganz allgemein. Insofern erstaunt es nicht, dass der Vorschlag zur Einführung auch nicht christlicher religiöser Feste in Deutschland keine Mehrheit findet.

Sozioökonomische Schwäche

Trotz einer bislang guten wirtschaftlichen Lage in Deutschland vergrößert sich die Schere zwischen Arm und Reich. Die Schwachen und Benachteiligten fühlen sich zunehmend abgehängt und werden aufgrund ihrer Milieuzugehörigkeit mitunter diskriminiert. Wissenschaftliche Forschungen legen nahe, dass Menschen mit niedrigem sozioökonomischem Status eine Projektionsfläche für Vorurteile sein können. Zum einen wird sozioökonomische Schwäche häufig mit Persönlichkeitsmerkmalen wie Faulheit oder geringer Intelligenz assoziiert. Zum anderen zeigen Studien, dass Menschen aus der Arbeiterklasse bei Einstellungsentscheidungen tendenziell aus der Überzeugung heraus übergangen werden, dass die Werte, die die Bewerber mitbringen, nicht mit der eigenen Unternehmenskultur vereinbar sind.

Das Vielfaltsbarometer bestätigt dieses negative Bild auf Menschen in sozial schwierigen Lagen. So ist über die Hälfte (57 Prozent) der Befragten der Meinung, dass es in Deutschland ein so gutes soziales Netz gibt, dass eigentlich niemand obdachlos sein muss. Immerhin noch jeder Vierte vertritt die Ansicht, dass die meisten Hartz-IV-Empfänger arbeitsscheu seien. Insgesamt erreicht die Akzeptanz von sozioökonomisch Schwachen mit 58 von 100 Punkten einen der geringsten Werte aller Vielfaltsgruppen.