Pressemeldung

Internationale Studie informiert über politische Teilhabe von Flüchtlingen

Stuttgart/Berlin, 20. April 2018 – Flüchtlinge wollen mitreden und sich in ihren Aufnahmeländern politisch engagieren. Dieses politische Engagement kann zudem einen positiven Effekt auf die Demokratisierung und die Friedensprozesse in den Heimatländern der Flüchtlinge haben. Das geht aus einer gemeinsamen Studie der Robert Bosch Stiftung GmbH und des International Institute for Democracy and Electoral Assistance (International IDEA) hervor, die gestern in Berlin vorgestellt wurde. Für die Studie „Political Participation of refugees: bridging the gaps“ befragten die Wissenschaftler über 600 Flüchtlinge in acht unterschiedlichen Aufnahmeländern. Die jetzt vorliegenden Ergebnisse zeigen, welchen wichtigen Einfluss die politische Beteiligung von Flüchtlingen auf ihre Integration haben kann. Die Autoren empfehlen deshalb, Flüchtlingen möglichst früh eine politische Teilhabe zu ermöglichen. Dafür brauche es vor allem nicht-formelle Möglichkeiten wie politische Diskussionsplattformen. Nach Meinung der Autoren kommt hier der Zivilgesellschaft eine wichtige Rolle zu, da sie diese Möglichkeiten initiieren kann.

Flüchtlinge wünschen sich politische Teilhabe

Ein zentrales Ergebnis der Studie: Flüchtlinge wünschen sich politische Teilhabe. Je nach Aufnahmeland unterscheide sich dieser Wunsch zwar in Intensität und Teilhabeform, dahinter stehe aber überall der integrative Effekt politischer Beteiligung. Wer eine Stimme habe, fühle sich auch als aktiver Teil der Gesellschaft, so die Autoren. Die Studie zeigt allerdings, dass die offizielle politische Teilhabe von Flüchtlingen, etwa die Teilnahme an Wahlen, länderübergreifend ein weit entferntes Ziel ist. Lediglich in Schweden können Flüchtlinge bereits nach drei Jahren auf lokaler und regionaler Ebene wählen und sich wählen lassen.

Neben dem eingeschränktem Wahlrecht, wurden von vielen Flüchtlingen auch fehlendes Wissen, mangelnde Informationen sowie negative Erfahrungen mit dem Thema politische Beteiligung in den Aufnahme- und Herkunftsländern als Hindernisse genannt. Zudem befürchteten die Befragten in vielen Fällen negative Auswirkungen auf ihren Aufenthaltsstatus oder Konsequenzen für sich oder ihre Familien in den Herkunftsländern.

Alternative zu Wahlen

Nach Alternativen zur offiziellen politischen Partizipation gefragt, nannten die Flüchtlinge in vielen Fällen Angebote von nicht-staatlichen Organisationen wie Migrantenvertretungen, Flüchtlingsorganisationen und der Zivilgesellschaft, in einzelnen Ländern auch die Möglichkeit einer Parteimitgliedschaft. Zu den Teilhabeangeboten gehören u.a. Protestaktionen, sogenannte Graswurzelbewegungen und Soziale Medien. Dabei komme besonders der Zivilgesellschaft eine wichtige Rolle zu, so die Autoren. Sie fördere die politische Teilhabe von Flüchtlingen und trage dazu bei, Gemeinschaften von Flüchtlingen auf lokaler und regionaler Ebene zu stärken.

Empfehlungen der Studie

Diese nicht-formellen politischen Teilhabemöglichkeiten werden in einigen der untersuchten Aufnahmeländer aktiv gefördert, in anderen durch gesetzliche Rahmenbedingungen verhindert, insbesondere wenn die Initiativen von Flüchtlingen als politisch und nicht als rein humanitär wahrgenommen werden. Die Autoren der Studie fordern hier mehr Engagement der Aufnahmeländer. Sie seien gefordert, wenn es darum gehe Flüchtlingen politisches Engagement und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Voraussetzung dafür sei ein entsprechender rechtlicher Rahmen, der vor allem Meinungsfreiheit und das Recht zur Selbstorganisation für Flüchtlinge gewähre. Zudem sei es notwendig, dass staatliche und lokale Regierungen in Aufnahmeländern Migrantenvertretungen und von Flüchtlingen geleitete Organisationen unterstützen. Dies habe auch langfristig einen positiven Effekt auf die Integration von Flüchtlingen.

Für das Forschungsprojekt wurden insgesamt 615 Flüchtlinge aus den Ländern Syrien, Afghanistan, Süd Sudan, Somalia und dem Kongo befragt. Die Interviews fanden einzeln und in Gruppen statt und wurden in den Aufnahmeländern direkt durchgeführt. Darunter Deutschland, Schweden, Uganda, Kenia, Türkei, Libanon, Großbritannien und Südafrika.

Die erarbeiteten Ergebnisse werden neben Berlin auch in Brüssel, Kampala und Tunis vorgestellt und unter Beteiligung von Migrationsexperten und politischen Entscheidungsträgern diskutiert.

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