Der Sonne auf der Spur

Wie können Städte nachhaltiger werden? Im Programm Baladiya suchen Stadtentwickler aus Nordafrika nach Antworten, denn die Folgen des Klimawandels zeigen sich dort schon heute. In Freiburg besuchten die Teilnehmer Deutschlands erste Solarsiedlung. Erneuerbare Energien sind aber nur ein Aspekt von nachhaltigem Städtebau, findet die Marokkanerin Hafsa Bakri und denkt noch weiter.

Ulrike Penk | April 2017
Baladiya Teilnehmer in Freiburg
Foto: Martin Geier

Fünf Grad, grauer Himmel und Regen - Viel Energie produziert Deutschlands erste Solarsiedlung an diesem Tag wohl nicht. Hafsa Bakri spannt ihren Regenschirm auf und tritt gemeinsam mit den anderen Teilnehmern des Programms "Baladiya - Neue Wege in der Stadtentwicklung" nach draußen. Die junge Marokkanerin und ihre Kollegen aus Algerien und Tunesien kümmern die Widrigkeiten wenig, sie haben Wichtigeres im Sinn.

Die Architekten, Stadtplaner, Landschaftsplaner und Umweltingenieure besichtigen das Freiburger Ökoviertel Vauban. Und sie überhäufen den Architekten des Quartiers mit Fragen: Aus welchem Holz ist das Haus namens Heliotrop, das sich wie eine Sonnenblume auf die Sonne ausrichtet, um sich im Winter aufzuheizen und mit Hilfe von Solarkollektoren Energie zu produzieren? Wofür wird das Wasser aus dem Teich genutzt? Wie kommt man günstig an Solarmodule? Dass die Frauen und Männer aus dem Maghreb Experten ihres Fachs sind, merkt man ihnen sofort an.

Heliotrop in Freiburgs Vauban-Viertel
Foto: Martin Geier

Das Heliotrop im Freiburger Vauban-Viertel dreht sich mit der Sonne und produziert mehr Solarenergie als es verbraucht.

Auch sonst steht bei Baladiya der Austausch im Mittelpunkt: sowohl unter den Teilnehmern als auch mit den deutschen Fachkollegen, die bei Diskussionen, Vorträgen, Besichtigungen und Kompetenztrainings dazukommen. Die Robert Bosch Stiftung setzt das Programm gemeinsam mit der Europäischen Akademie Berlin und der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit um. Innerhalb eines Jahres absolvieren die Teilnehmer mehrere Module in Deutschland und Nordafrika. Außerdem können sie eine oder zwei Wochen in deutschen Stadtverwaltungen hospitieren.

Hafsa Bakri wird in der folgenden Woche ihre Hospitanz in Freiburg antreten. Die marokkanische Umweltingenieurin ist Anfang 30 und arbeitet in der Regionaldirektion für Umwelt in Marrakesch. Über das Vauban-Viertel sagt sie: "Wir Baladiya-Teilnehmer kommen aus Ländern mit sehr viel Sonne und betrachten die Siedlung deshalb als Musterbeispiel. Dabei sind die erneuerbaren Energien nur eine Komponente: andere sind die Begrünung von Dächern, das Sammeln von Regenwasser und die Reduzierung des Verkehrs. In Marrakesch möchte ich ein Pilotprojekt starten, das ebenfalls verschiedene Aspekte der Nachhaltigkeit vereint."

Umweltingenieurin Hafsa Bakri
Foto: Martin Geier

Umweltingenieurin Hafsa Bakri berichtet von ihrer Arbeit in Marokko: "In Marrakesch beschäftigen wir uns viel mit dem Kampf gegen den Klimawandel und neuen Mobilitätskonzepten". Baladiya habe ihr viele spannende Impulse für ihre Arbeit gegeben.

Neugierig gehen die neun Stadtentwickler durch die Siedlung: Sie gehören bereits zur dritten Generation von Teilnehmern, denn Baladiya gibt es seit 2013. Sie stellen haufenweise Fragen, fotografieren und fachsimpeln über technische Details. Eine Anwohnerin mit Fahrrad fragt die Gruppe, woher sie denn kommen. "Nordafrika? Oh, da kann man so etwas auch machen", sagt sie lachend auf Französisch, als sie ihr Rad an der Gruppe vorbeischiebt. Die Stadtentwickler lachen - einige nicken entschlossen.