Integration von Flüchtlingen – wo stehen wir heute?
Städte nehmen bei der Integration von Flüchtlingen eine Schlüsselrolle ein. Sie interessiert vor allem die Frage, wie das Zusammenleben vor Ort langfristig gelingen kann. Für einen Austausch über Ideen und erfolgreiche Ansätze lud der Städtetag rund 200 Teilnehmende aus ganz Deutschland zur Integrationskonferenz nach Stuttgart ein.
Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, begrüßt die Teilnehmenden der Integrationskonferenz.
Was fördert das soziale Zusammenleben von Menschen und was müssen Bund und Länder weiter zur Integration von Flüchtlingen beitragen? Fragen wie diese standen im Mittelpunkt der gemeinsamen Konferenz des Deutschen Städtetags und der Stadt Stuttgart, die von der Robert Bosch Stiftung gefördert wurde. Dabei ging es unter anderem darum, wie Flüchtlinge und Asylbewerber mittels geeigneter Integrationsmaßnahmen die deutsche Sprache erlernen und beruflich qualifiziert werden können. Ziel der Integrationskonferenz war es, anhand konkreter Konzepte wertvolle Anregungen für die praktische Arbeit vor Ort zu bieten und so das Integrationsangebot in Städten passgenau weiterzuentwickeln.
Uta-Micaela Dürig, stellvertretende Vorsitzende der Geschäftsführung der Robert Bosch Stiftung, eröffnete die Konferenz gemeinsam mit Fritz Kuhn, Oberbürgermeister von Stuttgart, und Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags. Im Interview spricht sie über die Rolle von Städten bei der Integration, das Engagement der vergangenen Jahre und ein neues Förderprogramm der Stiftung.
Uta-Micaela Dürig, Geschäftsführerin der Robert Bosch Stiftung, und Prof. Dr. Thomas K. Bauer, Vorsitzender des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration, im Gespräch.
Welche Rolle übernehmen Städte und Kommunen?
Uta-Micaela Dürig: Kommunen und insbesondere große Städte sind Vordenker und auch Vorbilder beim Thema Integration. Gemeinsam mit der Zivilgesellschaft haben sie eine enorme Leistung vollbracht, als es 2015/2016 darum ging, die neu angekommenen Flüchtlinge erst einmal mit dem Nötigsten zu versorgen. Dabei haben die Städte erkannt, dass es eine klare, vorausschauende Strategie braucht, damit wir unterschiedliche Kulturen und Religionen nicht nur annehmen, sondern auch als Chance nutzen können. Dafür haben sie Integrationskonzepte, Indikatoren und Messinstrumente entwickelt. Sie tauschen sich aus und diskutieren intensiv darüber, wie Integration, Teilhabe und das Zusammenleben gut gelingen kann.
Wo stehen wir heute?
Das Engagement der vergangenen Jahre zeigt bereits Wirkung: Neuzuwanderer haben in vielen Fällen Fuß gefasst, Deutsch gelernt, Arbeit oder Ausbildung begonnen und sich ein soziales Umfeld geschaffen. Das ist ein großer gemeinsamer Erfolg der Kommunen, der Zivilgesellschaft, der Wirtschaft, der Kirchen und der Flüchtlinge und Migranten selbst. Wir wissen aber auch, unter welchen teils schwierigen Bedingungen Kommunen agieren: Lange Asylverfahren führen zu einer unklaren Bleibeperspektive und damit zu Unsicherheit, welche Integrationsangebote überhaupt gemacht werden dürfen. Die Attraktivität von großen Städten ist eine Herausforderung für die oft angespannten Wohnungsmärkte. Auch die Integration in den Arbeitsmarkt verläuft nicht überall so schnell, wie erhofft. An vielen Stellen ist zudem das bürgerschaftliche Engagement rückläufig. Wir sehen aber auch, dass diese Herausforderungen vielerorts engagiert angegangen werden. Hier braucht es das Zusammenspiel von Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Denn in den Kindertagesstätten und Schulen, in der Berufsausbildung und im Studium, am Arbeitsplatz und in der Freizeit, im Stadtteil, in Vereinen und bei Kulturveranstaltungen entscheidet sich, ob Einwanderung Erfolg hat.
Was hat sich die Stiftung vorgenommen?
Wir haben gerade ein neues Förderprogramm gestartet, mit dem wir auf den Bedarf vieler Kommunen in ländlichen Regionen reagieren. Dort beschäftigt man sich nicht erst seit 2015 mit den Themen Zuwanderung, Integration und Teilhabe. Die Kommunen haben angesichts des demografischen Wandels erkannt, dass ihre Entwicklung stark davon abhängt, wie sie vorhandene Potenziale besser erschließen und neue Bewohner gewinnen können. Zudem hat eine Bedarfsanalyse, die wir im Vorfeld in Auftrag gegeben haben, gezeigt, dass der ländliche Raum große Chancen für die Integration von Neuzuwanderern bietet. Flüchtlinge, insbesondere Familien, finden hier Wohnraum, enge und stabile soziale Beziehungen können leichter entstehen und auch kleinere und mittelständische Unternehmen fragen Arbeitskräfte nach. Herausforderungen gibt es natürlich auch hier, beispielsweise beim Thema Mobilität. Hinzu kommt, dass viele Kommunen in den vergangenen Jahren nur reagieren konnten und es an Konzepten in der Integrationspolitik fehlt. Auch das Angebot an bedarfsgerechten Sprachkursen im ländlichen Raum entspricht oft nicht der Nachfrage. Mit dem neuen Förderprogramm Land.Zuhause.Zukunft ermöglichen wir es den teilnehmenden Kommunen, diese Herausforderungen anzugehen und gleichzeitig vorbildliche Lösungswege zu entwickeln.