„Stiftungshandwerk“ mit Blick über den Tellerrand
Das Stiftungsübergreifende Traineeprogramm ist eine Kooperation mehrerer deutscher Stiftungen. Es richtet sich an motivierte und ambitionierte Absolventen und Absolventinnen. Vier Trainees beginnen gleichzeitig in vier Stiftungen und lernen zwei Jahre lang das Stiftungsmanagement in der Praxis. Sebastian Gewert ist der aktuelle Trainee der Robert Bosch Stiftung.
Der 31-Jährige, der in Polen geboren wurde und in Rheinhessen aufwuchs, sagt: „Es ist die ganzheitliche Herangehensweise und die Chance, das Stiftungshandwerk von der Pike auf zu lernen“, die ihn gereizt habe und den Ausschlag für seine Bewerbung gab. „Ich suchte damals nach einem Traineeprogramm bei Nichtregierungsorganisationen und im Stiftungssektor.“ Den breiten Zugang zu unterschiedlichen Themen sieht Sebastian Gewert als großes Plus. Zudem gefiel ihm der Gedanke, „ein Gespür für die vielfältige Stiftungslandschaft zu entwickeln und diese durch unterschiedliche Arbeitsaufenthalte intensiv kennenzulernen“.
Faszinierende Einblicke bei externen Stationen
Seit 2017 gibt es dieses Angebot der beteiligten Stiftungen für Absolventinnen und Absolventen mit Master- oder Diplomabschluss. Sebastian Gewert bei der Robert Bosch Stiftung und drei weitere Trainees (bei der BMW Foundation Herbert Quandt, der Joachim Herz Stiftung und der Stiftung Mercator) sind der zweite Jahrgang des Programms, das engen Austausch sowie ein gemeinsames Traineeprojekt und Schulungen vorsieht. Neben vier Partner- sind fünf „Poolstiftungen“ dabei, die Arbeitsaufenthalte anbieten. Eine solche Station absolvierte Sebastian Gewert in der Klosterkammer Hannover, einer Sonderbehörde des niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur, die mehrere Stiftungen verwaltet. „Das war ein Abtauchen in eine andere Welt“, sagt er. „Ich kam in eine Behördenstruktur und lernte gleichzeitig die Seite des Erwirtschaftens von Geld kennen.“ Neben der Vermögensverwaltung, z.B. der Forstbestände, faszinierten ihn Einblicke in Denkmalpflege und Restaurierung oder die spirituelle Komponente der Klöster. Seine zweite externe Station bei der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (Abteilung Umweltkommunikation und Kulturgüterschutz) musste Corona-bedingt gekürzt werden. „Sehr froh war ich dort über die Mitarbeit in Stipendienprogrammen für Hochschulabsolventen aus Mittel- und Osteuropa. Ich konnte meine polnischen Sprach- und Regionalkompetenzen einbringen; ein schöner Brückenschlag für mich.“
Ehrenamtlich aktiv für die Studienstiftung
Der Begriff „Stiftung“ ist in Sebastian Gewerts Werdegang schon länger positiv besetzt; er wurde von der Studienstiftung des deutschen Volkes gefördert und übernimmt dort als „Bildungsbotschafter“ ehrenamtliche Aufgaben. Zu berichten hat er seinem Publikum einiges: Als erster Akademiker in seiner Familie schloss er ein duales Studium in BWL (beim Arbeitgeber Sparkasse) erfolgreich ab, um anschließend an der Universität Mannheim Geschichte und Philosophie mit Bachelorabschluss zu studieren. „Über den Tellerrand“ blicken, sei schon immer seine Maxime gewesen, und die geisteswissenschaftliche Komponente für ihn daher ein wichtiger Schritt, erklärt er. Gleichzeitig erwarb er noch einen Masterabschluss in Wirtschaftswissenschaften an der Fernuniversität Hagen und absolvierte ein Studienjahr an der Jagiellonen-Universität in Krakau.
Als Trainee direkt im Tagesgeschäft
In der Robert Bosch Stiftung durchlief Sebastian Gewert seit März 2019 die Personalabteilung und die Bereiche Gesundheit, Gesellschaft, Zukunftsfragen und Stiftungsentwicklung sowie aktuell Internationale Verständigung und Kooperation. „Gesundheit am Anfang war thematisch ein Sprung ins kalte Wasser“, erinnert er sich, aber „das machte es gleich besonders spannend“. Zumal er von den jeweiligen Teams immer sofort ins Tagesgeschäft einbezogen werde. Ein Highlight sei die Teilnahme an einer Gesundheitskonferenz im Bundestag gewesen, bei der „auch die Bundeskanzlerin anwesend war“, wie er lächelnd erzählt. In der letzten Phase des Programms in Stuttgart folgen noch die Zentralabteilung und der Bereich Bildung.
Neugierige Offenheit bei der Bewerbung
Sebastian Gewert hat sich bewusst für die Robert Bosch Stiftung als Trainee-„Heimatbasis“ entschieden. „Genauso vielseitig wie die Stiftung“, findet er, sollten auch die Bewerber sein und rät zu „neugieriger Offenheit“. Das Bewerbungsgespräch empfand er als anspruchsvoll und wertschätzend, vor allem „ging man auf mich als Person ein und wollte herausfinden, ob Stiftung und ich gut zusammenpassen“. Nun, als Mitglied der Stiftungsmannschaft, nennt er weitere positive Aspekte: „Das umfangreiche Weiterbildungsangebot ist einzigartig, der Dresscode nicht zu steif und das Kantinenangebot gesund und abwechslungsreich.“ Und wo sieht er Verbesserungsbedarf? „Aus der Wirtschaft kenne ich Traineeprogramme als ersten Schritt einer Führungslaufbahn. Das ist in der Stiftung nicht unbedingt so. Aber über einen Einstieg auf eine feste Stelle nach der Traineezeit würde ich mich sehr freuen“, so Sebastian Gewert.